Virtual tonal spaces (VTS): towards an interactive digital environment for music theory
Projektziel: Interaktive und kollaborative Visualisierung/Konstruktion tonaler Räume
Status: abgeschlossen
Vorhaben
Mathematische, formale Beschreibungen von Tonbeziehungen werden üblicherweise als tonale Räume modelliert, in denen die Abstände und relativen Positionen funktionale und musikalische Bedeutungen repräsentieren. In diesen abstrakten Räumen finden sich fundamentale musikalische Konzepte, wie etwa Skalen oder Akkorde, als komplexe Objekte wieder und ermöglichen so, rationale und formal präzise Aussagen über musikalische Strukturen zu treffen. In Visualisierungen von tonalen Räumen können kontinuierliche gestalterische und graphische Parameter, wie etwa Farbe, Intensität, Lichtrichtung usw. mit so genannten musikalischen Sekundärparametern wie Klangfarbe oder Lautstärke assoziiert werden und damit nicht nur strukturelle sondern auch ästhetische Dimensionen einbeziehen.
Diese Art des Zugangs zu Musik ist häufig schwer zu vermitteln. Die hohe Dimensionalität von Musik führt dazu, dass selbst digitale Angebote am Bildschirm tonale Räume nicht hinreichend klar vermitteln. Hier bieten das erweiterte Sichtfeld und die höheren Freiheitsgrade von Virtual-Reality-Umgebungen die Möglichkeit, musikalische Parameter übersichtlicher durch ästhetische Parameter auszudrücken und damit ein besseres Verständnis bei Lernenden zu erzeugen.
Das Projekt hat das Ziel, die Vermittlung tonaler Räume in der Lehre durch eine solche interaktive Umgebung zu vereinfachen. Lernende sollen so einerseits spielerisch und explorativ vorgehen können und andererseits auch konkrete (historische oder systematische) Modelle tonaler Räume im wahrsten Sinne des Wortes begreifen und erfahren können. Interdisziplinäre Grundlagen von Musiktheorie (Mathematik, Musikgeschichte, Akustik) werden so besonders anschaulich.
Der Lerneffekt hinsichtlich des Verständnisses von tonalen Beziehungen wird im Prozess anhand von quantitativen als auch qualitativen empirischen Daten ermittelt und dient der fortlaufenden Weiterentwicklung.
Der grundlegende pädagogische Zugang ist spielerisch-explorativ und ergänzt damit formale und theoretische Beschreibungen in der Lehre und Fachliteratur. Die Lernumgebung VTS soll möglichst voraussetzungslos nutzbar sein und zu anschließender gemeinsamer Reflexion, etwa im Seminarkontext, einladen.
Der spielerische Ansatz soll zur vertieften Auseinandersetzung motivieren, etwa im Rahmen von Bachelor- oder Masterarbeiten, in denen Studierende weitere Module zu VTS hinzufügen oder dessen didaktisches Potential weiter ausloten können. So ist vorgesehen, dass VTS von bis zu zwei Spielenden gleichzeitig genutzt werden kann, was die kollaborative Konstruktion von Musik und damit Co-Kreativität fördern würde. Didaktisch stellt dies einen handlungsorientierten Lehransatz dar, der Studierenden gemeinsam das Kennenlernen musikalischer Strukturen im dreidimensionalen Raum entweder aufgabenorientiert (von der Lehrperson vorbereitet) oder aber frei (explorativ und kreativ) erlaubt. Studierende würden im Rahmen einer einzigen Anwendung unmittelbare Erfahrung mit der Visualisierung musikalischer Strukturen, deren Sonification und einem Gamification-Ansatz erhalten, welcher gleichzeitig ihre Medienkompetenz erhöht. Dies ist kann insbesondere Lehramtsstudierende zur Reflexion über den Einsatz interaktiver Medien in ihrem späteren Berufsalltag motivieren.
Angesprochen sind zunächst Studierende der musikbezogenen Fächer (Musikwissenschaft, Musikpädagogik, Ethnomusikologie, Musiktheorie) an verschiedenen Würzburger Institutionen (Universität, Hochschule für Musik, Fachhochschule) sowie Musikinteressierte anderer Fächer wie Informatik, Mathematik und Digital Humanities. Dies bietet sich aufgrund des hohen interdisziplinären Charakters des Projekts an. Gleichzeitig wird dieses Projekt im Sinne der Nachhaltigkeit eine Basis für darüberhinausgehende, später zu entwickelnde Anwendungen bieten, die etwa interaktive Improvisationen und Kompositionen der Lernenden innerhalb dieser Räume verwirklichen könnten.
Zusätzlich könnte VTS auch eine breitere Zielgruppe zum Zweck der Wissenschaftskommunikation erreichen, etwa Musikinteressierte und -liebhaber der Würzburger Bevölkerung.
Das Projekt wird mit Studierenden und Lehrenden der Musikwissenschaft, Musikpädagogik, Ethnomusikologie, Musiktheorie und Digital Humanities im Rahmen von Seminaren oder Workshops realisiert.