Studieren

Selbstständig von der Idee zur App
Studierende sorgen für bessere Vernetzung von Jugendzentren

In einem netten Team das eigene Start-Up mit vielversprechenden Marktaussichten gründen und dabei keinerlei finanzielle Risiken eingehen: Das können Studierende aller Fachrichtungen an der Uni Würzburg in der Vorlesung „Professionelles Projektmanagement“ bei Professor Harald Wehnes.


In der einmal wöchentlich stattfindenden Vorlesung werden zunächst klassische und moderne Theorien des Projektmanagements vorgestellt. Später geht es daran, Praxisluft zu schnuppern: In kleinen Teams setzen die Studierenden Projektideen, die von der Stadt Würzburg, sozialen Einrichtungen oder lokalen Unternehmen eingereicht wurden, in digitale Anwendungen um. Dabei gehen sie wie beim Erstellen eines „echten“ Busi­nessplans vor: Wie sieht die Zielgruppe aus? Woraus bestehen der Kundennutzen und die Alleinstellungsmerkmale? Wie hoch ist das Marktpotenzial? Es wird im Internet wie vor Ort recherchiert und diskutiert. Eine Prise Kreativität, Teamgeist und Ausdauer sollte man mitbringen. Programmierkenntnisse sind nicht zwingend erforderlich: Jedem Team sind mindestens zwei Studierende aus der Informatik zugeteilt.


Diesen Sommer stand die Vorlesung unter dem Thema „Smart City – Einsatz moderner Technologien, die Städte lebenswerter gestalten“. Dabei wurden fünf Teams gebildet. WueConnect, BürgerBot, quoola, WueTivity und Wueklima machten es sich zur Aufgabe, die Bürgerbeteiligung, anonymisierte Kontaktsuche, Jugendarbeit sowie lokale Umweltinformationen durch Apps, Webplattformen und Bots in die Praxis umzusetzen.


Mit der Jugendarbeit befasste sich das Team WueTivity. Soziales Engagement und gute Marktaussichten reizten Ernesto Liy Corona, Anna-Lena Hahn, Christian Juranz, Florian Kohmann und Sarah Menninger, hierfür eine App zu entwickeln. Das Team bestand aus Studierenden der Masterstudiengänge Informatik sowie Human Computer Interaction, ein innovativer Studiengang, der Informatik und Psychologie verknüpft. Zwei Teammitglieder hatten bereits Erfahrung in der Jugendarbeit, die anderen überzeugte das „überaus sympathische und ambitionierte Auftreten“ des Ideengebers Felix Hofmann, sagt Anna-Lena. Der pädagogische Mitarbeiter des Stadtjugendrings hatte erkannt, dass die Websites lokaler Jugendzentren teils brachliegen und schlecht miteinander vernetzt sind. Es fehlten aktuelle Veranstaltungshinweise sowie Grundinformationen über Schließzeiten und angebotene Projekte. Außerdem sei die Kommunikationsform veraltet, wie Christian anmerkt: „Viele Jugendzentren stellen ihre Infos über Facebook ins Netz. Unsere Umfrage hat allerdings ergeben, dass die meisten Jugendlichen das gar nicht mehr nutzen.“ Auch die Reichweite könne durch die App vergrößert werden, wie Florian ergänzt: „Die meisten Jugendlichen sind oft nur auf ‚ihr‘ Jugendzentrum fixiert. Dabei bekommen sie gar nicht mit, welche tollen Events oft schon im benachbarten Jugendzentrum stattfinden.“

Die Seminarteilnehmer präsentieren stolz ihre App „WueTivity“.

WueTivity sollte dem Abhilfe verschaffen: Nachdem das Team einen Businessplan erstellt hatte, besuchte es Jugendzentren und entwickelte im Gespräch mit den Jugendlichen eine Bedarfsanalyse: „Wir wollten eine App entwickeln, die den Bedürfnissen der Jugendlichen wirklich gerecht wird und zugleich den Jugendzentren eine einfach zu handhabende Möglichkeit bieten, sich zu vernetzen“, beschreibt Sarah die Richtlinie des Teams.


Die Aufgaben wurden nach Kenntnissen und Ambitionen im Team verteilt. Ernesto und Sarah übernahmen das Programmieren, Anna-Lena und Christian befragten die lokalen Jugendzentren und Jugendliche, Anna-Lena entwickelte zudem das Design der künftigen App, und Florian schrieb das Autorentool.


Nach Fertigstellung der App wird sie den Würzburger Jugendzentren kostenfrei zur Verfügung gestellt. Erweist sich ihr Einsatz als erfolgreich, kann sie an andere Städte verkauft werden. Für den Nutzer bleibt sie kostenlos.


Die Erfahrungen, die sie aus der Vorlesungsreihe mitgenommen haben, seien ohnehin nicht mit Geld aufzurechnen, so die Studierenden einstimmig: Neben dem Spaß im Miteinander des Teams, dem selbstständigen Arbeiten, der Praxiserfahrung und den Einblicken in andere Studienbereiche sei die Veranstaltung nicht nur für den persönlichen, sondern auch für den beruflichen Werdegang förderlich. Die Möglichkeit, durch eine Zusatzprüfung das Hochschulzertifikat „Modernes Projektmanagement“ zu erlangen, rundet den professionellen Anspruch der Vorlesung ab.

Text: Anca Herzog; Fotos: Christoph Weiß, Getty Images

Professionelles Projektmanagement

  • wann: nächste Vorlesungsreihe im Sommersemester 2020
  • wo: im Zuse-Hörsaal Informatikgebäude
  • Voraussetzung: Doktoranden und Studierende in Masterstudiengängen
  • offen für alle Fachrichtungen, Programmierkenntnisse von Vorteil
  • Teilnehmerbeschränkung: keine

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