Informatik

Teamarbeit am Datennetz der Zukunft
Die Würzburger Informatik will unter anderem die Qualität des Videostreamings verbessern

Ganz ohne Informatik-Klischees geht es auch am Lehrstuhl für Kommunikationsnetze nicht. Ein wenig Kabelsalat, ein Rubiks Cube, zwei leere Mate-Flaschen. Zehn Arbeitsplätze gibt es im PC-Raum des IoT-Labs (kurz für „Internet of Things“). Informatikstudierende tüfteln dort an ihren Projekten und Abschlussarbeiten. Der Lehrstuhl forscht vor allem auf den Feldern Datennetze, Mobilfunknutzung und Videostreaming.


Weit entfernt vom Klischee

Eine, die sich mit all dem bestens auskennt, ist Anika Schwind. Die 27-Jährige arbeitet am Lehrstuhl und geht der Frage nach: Wie kommen Netzbetreiber an verlässliche Daten über die Zufriedenheit ihrer Nutzer? Schließlich ist das Problem bekannt: Ein Video lässt sich auf dem Smartphone nicht abspielen, auf dem Display dreht sich ein Rädchen, das Mobilfunknetz ist zu schlecht. Anika Schwind geht dem auf den Grund. Sie hat es inzwischen zu einer beachtlichen Liste an Veröffentlichungen geschafft. Dabei war sie sich anfangs gar nicht sicher, ob die Informatik zu ihr passt: „Ich hatte Mitschüler, die haben an Computern geschraubt, waren auf LAN-Partys – das habe ich alles nie gemacht.“ 2011 hat sie mit dem Studium als eine von vier Frauen unter 100 Erstsemestern angefangen. Jetzt will sie schon bald ihren Doktortitel in der Tasche haben.


Was Studienanfänger in der Informatik also mitbringen sollten? Professor Tobias Hoßfeld muss für seine Antwort nicht lange überlegen: „Man sollte Informatik nicht studieren, weil es gerade ein Hype-Thema ist, mit dem man viel Geld verdienen kann.“ Der Leiter des Lehrstuhls weiß: Ohne Neugierde und eine große Portion Fleiß geht es nicht. Doktorandin Anika Schwind rät dazu, sich vor allem nicht abschrecken zu lassen. Spaß am logischen Denken und Technik sei wichtig. Der „Ultra-Nerd“, wie sie sagt, muss man jedoch nicht sein.

„Man sollte Informatik nicht studieren, weil es gerade ein Hype-Thema ist, mit dem man viel Geld verdienen kann.“
Professor Tobias Hoßfeld

Auch die 24 Jahre alte Viktoria Vomhoff ist das Gegenteil eines „Ultra-Nerds“. Sie steckt mitten in ihrem Masterstudium. „Bei mir hat es bis zur Bachelorarbeit gedauert, bis ich festgestellt habe, dass ich mit dem ganzen Zeug etwas anfangen kann“, sagt sie. Jetzt im Master sei das anders. Wer möchte, kann knapp die Hälfte seiner Prüfungsleistungen durch praktische Arbeiten erbringen. Den Mix aus klassischen Klausuren und Projekten findet die Studentin perfekt.


Vom Datennetz der Zukunft

Mit dem Thema Videostreaming beschäftigt sich der Lehrstuhl schon länger. Vor zwei Jahren hatte ein Team aus Würzburger Informatikern eine App entwickelt. Nutzer von Youtube-Videos konnten dort angeben, wie zufrieden sie mit der Streaming-Qualität waren. Aus solchen Untersuchungen wollen die Forscherinnen und Forscher Modelle entwickeln, die kleinen wie großen Anbietern bei der Bereitstellung ihrer Videos helfen können. Ein weiterer Schwerpunkt am Lehrstuhl: das „Internet of Things“. Denn damit sich Maschinen oder Haushaltsgegenstände miteinander zuverlässig und dennoch effizient austauschen können, müssen die dazugehörigen

Datennetze funktionieren. „Und da gibt es noch sehr viele Fragezeichen“, sagt Professor Hoßfeld.


Prof. Dr. Tobias Hoßfeld und sein Team forschen daran, Videostreaming besser zu machen.

Überhaupt sei das Thema Datennetze ein Feld, das sich ständig weiterentwickelt. Denn: „Steigen die Bandbreiten, werden auch wieder neue Dienste kommen – und die werden wieder mehr Bandbreite brauchen“, sagt Michael Seufert, der gerade an seiner Habilitation arbeitet. Bedeutet: Während Politik und Wirtschaft in Deutschland über den neuen Mobilfunk-Standard 5G diskutieren, ist die Wissenschaft schon einen Schritt weiter. Erste Forscherinnen und Forscher beschäftigen sich bereits mit einem möglichen 6G-Standard, sagt Seufert.


Langweilig wird dem Forschungsteam am Campus Hubland also nicht. Zum einen wegen ihres Fachs, zum anderen, weil der Umgang untereinander herzlich ist, wie Anika Schwind bestätigt. Die Türen zu den Büros stehen offen. Studierende und Dozenten seien häufig per „Du“. Auch in den Abendstunden sitzen Studierende im Gebäude und lösen zusammen Aufgaben. „Es wird einem von Anfang an beigebracht: Macht‘s zusammen, holt euch Hilfe. Man muss nicht immer alles alleine können“, sagt Anika Schwind. Ohne Teamarbeit hätte nämlich noch niemand sein Informatikstudium zu Ende gebracht.


Text: Pirmin Breninek; Foto: Daniel Peter, Getty Images


Informatik

Der Bachelor in Informatik dauert drei, der Master zwei Jahre. Der Lehrstuhl für Kommunikationsnetze ist einer von zehn Informatik-Lehrstühlen an der Uni Würzburg. Diese beschäftigen sich unter anderem mit Künstlicher Intelligenz, Mensch-Computer-Systemen, Games Engineering, Robotik oder Luft- und Raumfahrttechnik. Weitere Infos H I E R