Geographie

Geographiestudium for Future
Ist der Klimawandel bereits Wirklichkeit? Das hat eine Geographie-Studentin an der Uni Würzburg untersucht

Extreme Hitze im Juni, eine Hochwasserkatastrophe nach der anderen und Kinder, die Schneemänner nur noch aus Bilderbüchern kennen. Da bekommen wir wohl schon die Folgen des Klimawandels in Deutschland zu spüren. Oder sind das nur gefühlte Wahrheiten, verstärkt durch die Berichterstattung in den Medien?


Diese Fragen hat sich auch Miriam Baumann gestellt. Die Geographin untersuchte in ihrer Masterarbeit an der Uni Würzburg, inwiefern Witterungs- und Wetterextreme der letzten Jahrzehnte in Deutschland bestätigen, was Klimaforscher über den Klimawandel vorausgesagt haben. „Zu dieser Frage gibt es zwar schon Studien, aber die haben nur Daten bis zu den frühen 2000ern einbezogen“, sagt Miriam. Mit ihrer Arbeit schließt sie eine Lücke bis Ende 2018.

Sowohl Hitze und Kälte, starke Regenfälle und Trockenheit als auch Windextreme hat die 27-Jährige unter die Lupe genommen: „Mich interessierte, ob die Extreme generell zugenommen haben oder nur bestimmte Arten.“ Das Ergebnis: Hitzeextreme haben durchaus zugenommen und sich damit genau so entwickelt, wie es die Wissenschaftler erwartet haben, vor allem in den südlichen Bundesländern. Bei den Niederschlägen dagegen fand Miriam regional sehr große Unterschiede, aber an der Gesamthäufigkeit hat sich nichts geändert. Und auch Windextreme sind bisher wohl nicht mehr geworden.


Dieses Ergebnis ist mit Einschränkungen zu sehen: Das Gebiet, das sie untersucht hat – nämlich Deutschland – ist für klimatologische Verhältnisse eher klein. Würde man die Auswertung auf ein größeres Gebiet ausweiten, käme man unter Umständen zu anderen Ergebnissen. Zudem seien Regen- und Windextreme verglichen mit Hitzeextremen insgesamt seltener.


Kein Verständnis für Klimaleugner

Generell dürfe man nicht den Fehler machen, einzelne Wetterereignisse mit dem Klimawandel in Verbindung zu bringen. „Das Klima verändert sich über mehrere Generationen hinweg. Deshalb sind persönliche Erfahrungswerte kein Maßstab“, erklärt Miriam. Auch die Berichterstattung in den Medien verzerrt unsere Wahrnehmung: „Insgesamt haben die Medienberichte über Wetterereignisse extrem zugenommen. Dadurch hat man das Gefühl, dass Wetterextreme häufiger werden, obwohl das in dem Maße vielleicht gar nicht zutrifft.“


Bei Niederschlagsmengen fand Miriam Baumann regional sehr große Unterschiede.

Dass das Thema Klimawandel auch dank der Fridays-for-Future-Bewegung populärer geworden ist, freut Miriam. „Die Menschen machen sich mehr Gedanken, und auch die Politik sieht, dass das Thema der Bevölkerung wichtig ist.“ Wenn nötig, stellt sie sich wie viele ihrer Kollegen auch Diskussionen mit Klimaskeptikern. Der Dialog sei allerdings sehr schwierig. „Die Forschung ist so umfangreich und seriös, das macht es für Geographen unbegreiflich, wie man das anzweifeln kann.“


Für die Klimatologie, die nur ein Teilbereich der Geographie ist, hat sie sich schon am Anfang ihres Studiums interessiert. Für einen Schwerpunkt entscheiden muss sich im Grundstudium aber noch niemand. Es werden zunächst breite Grundlagen vermittelt – die man aber später auch gut gebrauchen kann, wenn man sich für die Klimatologie als Schwerpunkt entscheiden sollte. Denn das Fachgebiet ist breit gefächert. Es reicht von der Paläoklimatologie – also der Erforschung des Klimas im Laufe der Erdgeschichte – über Vorhersagen und Modelle, die einen Blick in die Zukunft ermöglichen, bis hin zu den Folgen des Klimawandels. Zum Teil ist das Fach auch sehr interdisziplinär: „Wenn man das möchte, kann man zum Beispiel mit Ökologen oder Biologen zusammenarbeiten“, so Miriam.


Besonders reizvoll findet sie an ihrem Studium: „Geographie ist relevant und interessant für viele Bereiche des Lebens.“ Das gilt auch für die Dissertation, an der sie nun als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Lehrstuhls für Physische Geographie arbeitet: „Ich will ein existierendes Stadtklimamodell für Würzburg anpassen und versuche zum Beispiel herauszufinden, was passieren würde, wenn in der Sanderau doppelt so viele Bäume stehen würden. Hier treffen also Stadtplanung und Klimatologie aufeinander.“

Text: Martina Häring; Fotos: Christoph Weiß

Klimatologie im Studium

Wer sich im Studium mit Klimatologie befasst, lernt, Daten und Messwerte zu erheben, statistisch auszuwerten und zu visualisieren. Mit Hilfe der Daten werden statistische und prozessbasierte Modelle entwickelt. Optional kann man lernen, die nötigen Programme selbst zu schreiben. Ein Mathe- und Physikgenie muss man dafür nicht sein, normale Abi-Kenntnisse reichen aus. Mehr Infos gibt es H I E R