English Intern
Zentrum für Geschichte der Psychologie

"Es ist ein Junge!" Zum 200. Geburtstag von Hermann von Helmholtz am 31. August 2021

27.07.2021

Potsdam, 1821: „Hurra, es ist ein Junge!“ heißt es bei Familie Helmholtz und man stößt auf den kleinen Hermann an, der am 31. August seinen 200. Geburtstag feiern würde. Was er wohl bis heute noch alles erfunden oder entdeckt hätte? Präsent ist er heute immer noch als Namensgeber der Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren und natürlich in seinen großartigen Entdeckungen.


Leben, lieben, forschen

Helmholtz‘ Wissenschaftskarriere kann man bereits zu Schulzeiten erahnen: Mit einem Freund experimentiert  er wie wild im Physik- und Chemielabor herum und 1838 absolviert er das Abitur mit einer ausgezeichneten Abschlussarbeit in der Mathematik. Kurzum: ein junger Mann, dem vom Köpfchen her alle Türen offenstehen. Problematischer ist die finanzielle Situation, denn das von Helmholtz erträumte Studium der Naturwissenschaften kann sich die Familie schlichtweg nicht leisten. Auf Rat seines Vaters hin beschließt Helmholtz, Medizin zu studieren, um vom Preußischen Staat ein Stipendium dafür zu bekommen. Also studiert Helmholtz fleißig Medizin, um dann im Operationssaal der Charité zu stehen  – in der knapp bemessenen Freizeit aber forscht er weiter und kann bald die ersten größeren Erfolge in der Forschung und in der Liebe – er heiratet 1849 Olga von Velten – vorweisen.
Bis 1863 hat Helmholtz seinen Wälzer über „Die Lehre von den Tonempfindungen“ geschrieben, der von der Erzeugung und Zerlegung der Klänge, der Theorie der Musik, den Störungen des Zusammenklangs und die Verwandtschaft der Klänge Dur und Moll handelt. In Moll spielt leider auch sein Leben: Seine Frau Olga stirbt 1859 an Tuberkulose. Zwei Jahre später allerdings verschickt Helmholtz wieder Verlobungsanzeigen. Helmholtz‘ zweite Ehe mit Anna von Mohl bringt ihm eine junge Ehefrau ins Haus, Glück und drei Kinder.  
 

Die großen Erfolge eines vielseitigen Wissenschaftlers und was ein Froschschenkel damit zu tun hat

Helmholtz legt in seinen Jahren an der Universität Königsberg das Fundament für die neuere Psychologie durch die Vermessung der Nervenleitungsgeschwindigkeit. Ihn interessiert die Frage, welche mechanische Arbeit ein Muskel verrichten kann, vor allem auch im Kontext des Psychologischen, denn: die Muskeltätigkeit ist der am einfachsten zu beobachtende Ausdruck des Psychischen. Auch andere Forscher vor ihm befassten sich mit diesem Thema, aber Helmholtz will darüber hinausgehen und entwickelt eine Versuchsanordnung, mit der es möglich wird, durch eine elektrische Reizung von sehr kurzer Dauer eine einzelne Muskelzuckung zu initiieren. In seine entworfene Messapparatur spannt Helmholtz dafür einen freipräparierten Wadenmuskel eines Froschschenkels, um ihn so zu reizen. So kann Helmholtz Verlaufskurven einer Muskelzuckung erstellen und beweisen, dass die Weiterleitung von Informationen in den Nervenfasern messbare Zeiten in Anspruch nimmt – eine unglaublich wichtige Entdeckung für die Psychologie, denn wenn Nervenverarbeitungsprozesse in der Peripherie des Körpers gemessen werden können, so sind sie auch im zentralen Nervensystem des Menschen, dem Gehirn, und damit dem Untersuchungsgegenstand der Psychologie messbar.  
Etwa zur gleichen Zeit erfindet Helmholtz den sogenannten Augenspiegel. Mit diesem kann man den Augenhintergrund beim lebenden Menschen untersuchen. Sehr schnell verbreitet sich das neue Untersuchungsinstrument in den Augenarztpraxen. Später legt Helmholtz die Young-Helmholtz’sche Dreifarbentheorie des Sehens vor und unternimmt Untersuchungen über das Hören, indem er sich verschiedene Resonatoren bauen lässt, um auch leise Töne in Klängen hörbar zu machen.
Was er wohl noch vorhatte? Wenn er heute mit uns seinen 200. Geburtstag feiern würde, würde er es bestimmt bei einer kleinen Gartenparty erzählen. In diesem Sinne: Alles Gute zum runden Geburtstag!

P.S. Als kleines Geburtstagsgeschenk für den großen Wissenschaftler haben wir das Begleitbuch zu unserer einstigen Helmholtz-Ausstellung digital und multimedial neu aufgelegt:

Zum Buch: Hermann von Helmholtz - Ein Wegbereiter der wissenschaftlichen Psychologie

Anna-Lena Amend & Armin Stock

Zurück