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Zentrum für Geschichte der Psychologie

A dangerous method - Eine dunkle Begierde

04.11.2011

Wenn Viggo Mortensen und Michael Fassbender sich gemeinsam mit Keira Knigthley auf der Leinwand in dunkle Begierden verstricken, ist das nicht nur für Cineasten interessant. Auch die Psychologiegeschichte spielt dabei eine bedeutende Rolle.

Die Versuchsanordnung der Assoziationsexperimente C.G. Jungs. (Foto: Armin Stock)

April 1906. Der junge Privatdozent Carl Gustav Jung war mit seiner Frau nach Würzburg gereist, um am zweiten Kongress für Experimentelle Psychologie teilzunehmen. Ausgerichtet wurde der für damalige Verhältnisse große Kongress mit mehr als 160 aktiven Teilnehmern und Zuhörern von Prof. Oswald Külpe und seinen Mitarbeitern. Durch die große Anzahl nationaler und internationaler Gäste, die nicht nur aus verschiedensten europäischen Ländern, sondern auch aus Argentinien und Japan anreisten, entstand ein besonderes internationales Flair. In dieser wissenschaftlich anregenden Atmosphäre berichtete Privatdozent Dr. Veraguth, ein Züricher Kollege Jungs, "Über den galvanischen psychophysischen Reflex". Dieses Phänomen von Hautleitwiderstandsänderungen einer in einen Stromkreis eingespannten Versuchsperson tritt bei körperlicher Erregung, bei für die Person aktuell relevanten psychischen Reizen und sogar bei lediglich erwarteten Reizen nach einer Latenzperiode von etwa einer Sekunde ein.
Angeregt durchs Veraguths Versuche, führte Jung bereits vor dem Würzburger Kongress am Burghölzli, der psychiatrischen Universitätsklinik in Zürich, umfangreiche eigene Experimente mit gesunden und psychisch erkrankten Probanden durch. Die Ergebnisse dieser Studien – so schien es ihm damals – können als Belege für die Freudschen Theorien gewertet werden.
Rückblickend schrieb Jung: "Freud war aber in der akademischen Welt jener Zeit ausgesprochen persona non grata, und die Beziehung zu ihm war daher jedem wissenschaftlichen Ruf abträglich. [...] So war es mir keineswegs angenehm, dass ich die Übereinstimmung meiner Assoziationsversuche mit Freuds Theorien feststellen mußte. Einmal war ich in meinem Laboratorium mit diesen Fragen beschäftigt, als mir der Teufel einflüsterte, ich sei berechtigt, die Ergebnisse meiner Experimente und meine Schlußfolgerungen zu publizieren, ohne Freud zu erwähnen. Ich hatte ja meine Versuche ausgearbeitet, lange ehe ich etwas von ihm verstand. Aber da hörte ich die Stimme meiner zweiten Persönlichkeit: >>Wenn Du dergleichen tust, als ob du Freud nicht kenntest, so ist das ein Betrug. Mann kann sein Leben nicht auf eine Lüge stellen.<< - Damit war der Fall erledigt. Von da an nahm ich offen für Freud Partei und kämpfte für ihn."
Etwa zu dieser Zeit kam auch Sabina Spielrein, eine an Hysterie erkrankte 18jährige russische Jüdin, nach Zürich und wurde von ihren Eltern ins Burghölzli gebracht. Jung übernahm die Behandlung der attraktiven, hochintelligenten Patientin und erprobte an ihr die Freudschen Methoden. Nach und nach wurde Sabina Spielrein von der Patientin zu seiner Schülerin, seiner Vertrauten und schließlich zu seiner Geliebten.
Jung berichtete über Sabina Spielrein und deren Behandlung  an Sigmund Freud in Wien. Dieser lud ihn zu sich ein und es entstand eine intensive von Bewunderung, aber auch von Animositäten geprägte Beziehung. Sabina Spielrein spielte dabei eine besondere Rolle: ohne es beabsichtigt zu haben, verrät sie Freud und Jung intime Details aus dem Privatleben des jeweils anderen.
Das Zentrum für Geschichte der Psychologie hat für den Spielfilm „A dangerous method“ – „Eine dunkle Begierde“ eine Reihe von Apparaten aus seiner Sammlung zur Verfügung gestellt. Anlässlich des Filmstarts in Deutschland präsentieren wir in unserer Ausstellung die Rekonstruktion der Jungschen Versuchsanordnung seiner Assoziationsexperimente mit Originalapparaten aus der Zeit. Darüber hinaus bieten wir die Möglichkeit, selbst einen psychogalvanischen Assoziationsversuch zu erleben.
Die Ausstellung ist nach Voranmeldung von Montag bis Donnerstag zwischen 9:00 und 18:00 Uhr sowie freitags zwischen 9:00 und 14:00 Uhr zugänglich. Kontakt: T: (0931) 31-88683, E-Mail: zgp@uni-wuerzburg.de.

Ein besonderes Angebot für Schulklassen
Für Schulklassen bietet das Museum von Montag bis Freitag bis einschließlich 22. Dezember Führungen jeweils um 9.00 Uhr an – ebenfalls nach vorheriger Anmeldung. Die Führung dauert etwa eine Stunde und ist kostenfrei, Spenden werden gerne angenommen. Nach der Führung besteht die Möglichkeit, ab 10:30 Uhr im wenige hundert Meter entfernten Cinemaxx den Film „Eine dunkle Begierde“ anzuschauen (FSK ab 16 Jahren). Auch das Cineworld im Mainfrankenpark bietet jede Vorstellung des Films für Ausstellungsbesucher zum reduzierten Preis an. Hierzu legen Sie bitte ein Lesezeichen des Adolf-Würth-Zentrums an der Kinokasse vor, das sie bei einer Führung erhalten können.

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Von Armin Stock

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