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ERC Advanced Grant: 2,5 Millionen Euro für Isabel Roditi

18.04.2024

Um ihre herausragende Forschung über den Erreger der Schlafkrankheit weiter zu verstärken, erhält Professorin Isabel Roditi einen ERC Advanced Grant. Ihr Forschungsprojekt wird sie in Würzburg durchführen.

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Professorin Isabel Roditi erforscht Trypanosomen, die Erreger der Schlafkrankheit. (Bild: Photo Vision Zumstein AG)

Professorin Isabel Roditi von der Universität Bern ist eine renommierte Expertin für Trypanosomen, die Erreger der Afrikanischen Schlafkrankheit. Aktuell möchte sie nachweisen, dass sich diese Parasiten in ihren Wirtsorganismen nicht zufällig verteilen, sondern dort ganz gezielt von Organ zu Organ navigieren. Sollte das stimmen, wäre es das allererste bekannte Beispiel für eine zielgerichtete Wanderung von Parasiten. Daraus könnten sich Anhaltspunkte für eine verbesserte Bekämpfung des Erregers ergeben.

Für die Realisierung ihres Projekts hat der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) der Professorin einen ERC Advanced Grant in Höhe von 2,5 Millionen Euro bewilligt. Dieser Grant gehört zu den prestigeträchtigsten europäischen Forschungspreisen; er wird nur an etablierte Spitzenforschende verliehen.

Ihr auf fünf Jahre angelegtes ERC-Projekt Tryptaxis (A sense of direction: cooperative behaviour and chemotaxis in the life cycle of Trypanosoma brucei) will Isabel Roditi ab 1. November 2024 am Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) starten. Dort wird sie mit ihrer Expertise das Team um Professor Markus Engstler verstärken, an dessen Lehrstuhl die Erreger der Schlafkrankheit ebenfalls seit vielen Jahren erforscht werden.

Hintergrund zum ERC-Projekt Tryptaxis

Alle Lebewesen nutzen ihre Sinne, um sich in ihrer Umgebung zu orientieren. So können sie stets „sichere Häfen“ finden, um ihre Überlebenschancen zu verbessern oder Gefahren zu vermeiden. Der Mensch verlässt sich auf sein Sehen, Riechen, Schmecken und andere Sinne. Dagegen folgen einzelne Zellen wie Bakterien oft Unterschieden in der Konzentration chemischer Verbindungen; sie orientieren sich an sogenannten chemischen Gradienten.

Aus nur einer Zelle bestehen auch die Trypanosomen, die beim Menschen die Schlafkrankheit und bei Tieren eine ähnliche Erkrankung verursachen. Die Parasiten wechseln zwischen zwei Wirten, zwischen Säugetieren und Tsetsefliegen. Um ihren Lebenszyklus zu vollenden, müssen sie durch verschiedene Gewebe ihrer Wirte wandern.

„Überraschenderweise ist praktisch nichts darüber bekannt, wie Trypanosomen und andere Parasiten ihre Umgebung wahrnehmen“, sagt Isabel Roditi. Derzeit gehe die Forschung davon aus, dass die Erreger als Individuen agieren und die Wechselwirkungen mit den Geweben ihrer Wirtsorganismen weitgehend durch Kontakte zwischen Oberflächenmolekülen bestimmt werden.

„Parasiten sind aber autonomer und manipulativer, als wir denken“, so die Professorin. Neuere Arbeiten ihrer Forschungsgruppe haben gezeigt, dass Trypanosomen chemische Gradienten nicht nur wahrnehmen, sondern auch zu ihrem Vorteil manipulieren können. „Meine Theorie ist, dass dieses als Selbststeuerung bekannte Phänomen es den Trypanosomen ermöglicht, in Gruppen zu wandern, sich in den Zielgeweben ihrer Wirte einzunisten und ihre Überlebens- und Übertragungschancen zwischen den Wirten zu steigern.“

Werdegang der Professorin

Isabel Roditi, Jahrgang 1956, studierte Biochemie an der Universität Oxford (UK) und promovierte 1983 in Virologie an der Universität Cambridge (UK). Dort wechselte sie als Postdoc auf das Gebiet der Parasitologie; ab 1985 folgten fünf Jahre Forschung an der Universität Karlsruhe.

1990 übernahm Isabel Roditi die Leitung einer Forschungsgruppe am Institut für Allgemeine Mikrobiologie der Universität Bern. 1999 wurde sie zur Professorin und Ko-Direktorin des Instituts für Zellbiologie ernannt; seit 2022 ist sie emeritiert. Ab November 2024 wird sie ihre Forschung am Lehrstuhl für Zoologie I (Zell- und Entwicklungsbiologie) im Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg fortsetzen.

Für ihre Arbeiten erhielt sie mehrere hochrangige Preise. Sie war unter anderem zwei Mal ausgezeichnet als International Research Scholar des Howard Hughes Medical Institute (USA), dotiert mit jeweils 500.000 US-Dollar. Die Bill and Melinda Gates Foundation (USA) zeichnete sie gemeinsam mit ihrem Schweizer Kollegen Professor Reto Brun mit dem Grand Challenges Explorations Award aus, dotiert mit einer Million US-Dollar.


Fakten über die Afrikanische Schlafkrankheit

Die lebensbedrohliche Afrikanische Schlafkrankheit wird von einzelligen Erregern ausgelöst, den Trypanosomen. Die Geißeltierchen werden durch den Stich der Tsetsefliege auf den Menschen übertragen. Die Betroffenen bekommen zuerst Kopf- und Gliederschmerzen, dann stellen sich Verwirrung, Abmagerung und andere Symptome ein. Schließlich fallen sie in einen Dämmerzustand und sterben.

Impfstoffe gegen die Erreger gibt es nicht; die verfügbaren Medikamente haben teils extreme Nebenwirkungen. Bessere Mittel gegen die Krankheit sind also dringend nötig. Weil Trypanosomen auch Rinder, Ziegen und andere Nutztiere befallen, richten sie zusätzlichen Schaden an. In manchen Gegenden in Afrika ist die Tierhaltung wegen der Trypanosomen unmöglich.

Kontakt

Prof. Dr. Isabel Roditi, Universität Bern, isabel.roditi@unibe.ch

Von Robert Emmerich

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