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Erstklassiges aus der Greuter-Werkstatt

07.04.2016

Erstmals erscheint ein wissenschaftlicher Katalog mit Werken der Greuter-Familie, einer Künstler- und Verlegerdynastie, die im 16. und 17. Jahrhundert in Straßburg, Augsburg, Lyon und Rom tätig war. Zu diesem Anlass finden ein Studientag und eine Ausstellung an der Uni Würzburg statt.

Illustration aus dem Gedichtbuch „Documenti d‘amore“ des Francesco da Barberino; Stich von Johann Friedrich Greuter. (Bild: Martin-von-Wagner-Museum)
Illustration aus dem Gedichtbuch „Documenti d‘amore“ des Francesco da Barberino; Stich von Johann Friedrich Greuter. (Bild: Martin-von-Wagner-Museum)

Er war renommierter Kupferstecher, Drucker und Verleger: Matthäus Greuter, 1566 in Straßburg geboren, gründete in Rom ein florierendes Unternehmen. Seine international geprägte Werkstatt stand in einem regen Kulturaustausch mit Deutschland und Frankreich. Viele seiner Druckplatten wanderten zum Beispiel zwischen Rom und Augsburg hin und her.

Die Kunden schätzten Greuters Arbeit wegen ihrer erstklassigen Qualität und der Vielfältigkeit des Meisters: Je nach Auftraggeber bediente er unterschiedlichste Interessen. Er stellte Heilige ebenso dar wie Architektur, Stadtpläne und jede Art von Buchillustrationen. Unter anderem fertigte Greuter naturwissenschaftliche Darstellungen für Galileo Galilei und stach den ersten Blick auf Bienen durch ein Mikroskop.

Edition im New Hollstein German

Erstmals sind die Greuterschen Druckgraphiken jetzt in dem Werkkatolog „The Greuter Family“ dokumentiert. Die vierbändige Edition ist im „New Hollstein German“ erschienen, dem weltweit wichtigsten wissenschaftlichen Katalogisierungsprojekt für frühneuzeitliche Graphik.

Zusammengetragen wurde die Edition vom Kunsthistoriker Jörg Diefenbacher aus Mannheim. Herausgeber des Katalogs ist Professor Eckhard Leuschner, Inhaber des Lehrstuhls für Neuere und Neueste Kunstgeschichte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. „In dem Projekt stecken mehr als fünf Jahre Arbeit“, so Leuschner, der Mitglied im Editorial Board des New Hollstein ist.

Studientag mit Vorträgen am 21. April

Der neue Katalog wird bei einem öffentlichen Studientag am Donnerstag, 21. April, von 13:30 bis 18 Uhr im Martin-von-Wagner-Museum der Universität Würzburg präsentiert und erläutert. Der Studientag mit seinen Vorträgen ist gleichzeitig Eröffnungstag für eine Ausstellung im Wagner-Museum. Sie zeigt bis 28. Mai 2016 rund 50 Werke der Greuters und einiger Zeitgenossen aus Würzburger Beständen: Es sind Druckgraphiken aus der museumseigenen Sammlung sowie illustrierte Bücher aus der Universitätsbibliothek.

Der Werdegang des Matthäus Greuter

Matthäus Greuter (1566-1638) wurde in Straßburg geboren und startete dort im Alter von 20 Jahren seine Karriere als Kupferstecher. Er druckte Bilder nach Vorlage anderer Künstler, setzte aber von Anfang an auch eigene Ideen um. Um 1594 ging er nach Lyon, später nach Avignon. 1603 zog er schließlich nach Rom, wo in allen Bereichen der Künste und Wissenschaften ein großer Bedarf an Visualisierung und Reproduktion bestand. Dort wurde seine Werkstatt sehr schnell zu einer der produktivsten und erfolgreichsten in der Stadt – mehr als ein halbes Jahrhundert lang behaupteten er, seine Söhne und Enkel sich in dieser Position.

In dieser Zeit kooperierten fast alle in Rom tätigen Spitzenkünstler mit der Greuter-Werkstatt, darunter Gianlorenzo Bernini, Guido Reni und Pietro da Cortona. Das Bild der neuen Peterskirche wurde maßgeblich durch Stiche der Greuters in ganz Europa verbreitet. Matthäus Greuters 1625 erschienener Stadtplan von Rom („La pianta di Greuter“) gilt als einer der wichtigsten gestochenen Rompläne des 17. Jahrhunderts.

Matthäus Greuter erwies sich als außerordentlich anpassungsfähiger „Künstlermigrant“, der sich an jedem seiner Arbeitsorte erfolgreich neuen Anforderungen und Gegebenheiten stellte. Damit ist er ein Musterbeispiel für die aktuelle Transkulturalitätsforschung in der Kunstgeschichte.

Thesenblätter als wichtiges Erzeugnis

„Ein wichtiges Produkt in der Werkstatt in Rom waren Thesenblätter“, erklärt Professor Leuschner. Damals war es üblich, die abschließende Disputation wissenschaftlicher Arbeiten mit einem öffentlichen Fest zu begehen, zu dem auch die persönlichen Sponsoren der Arbeit eingeladen wurden. Auf diesen Festen verteilte man Thesenblätter. Sie trugen den Titel der Arbeit und des Wissenschaftlers, ein allegorisches Bild der These und als Danksagung das Wappen des Förderers.

Andere Mitglieder der Greuter-Familie

In Greuters Werkstatt in Rom arbeiteten zeitweise der wenig bekannte Florian Greuter, vermutlich ein Sohn des Meisters, und der Straßburger Kupferstecher Daniel Widman mit. Nach Greuters Tod führte sein Sohn Johann Friedrich die Werkstatt weiter. Er hatte schon in den Jahren davor mit seinem Vater und seinem Enkel Joseph zusammengearbeitet. Letzterer hatte sich auf Porträts und Titelbilder spezialisiert.

Die Edition „The Greuter Family“ beinhaltet Drucke von Matthäus, Florian, Johann Friedrich und Joseph Greuter. Dazu gesellen sich Werke des Augsburger Druckers und Verlegers Christoph Greuter und eines anonymen Künstlers, der seine Arbeiten stets mit dem Monogramm MGF kennzeichnete.

Kontakt

Prof. Dr. Eckhard Leuschner, Institut für Kunstgeschichte, Universität Würzburg, T (0931) 31-85385

Von Robert Emmerich

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