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    Neues Hochschulrecht: Senat schrumpft, Hochschulrat wächst

    12/29/2005

    Bayern soll zum 1. Juni 2006 ein neues Hochschul­recht bekommen. Das Kabinett hat in seiner Sit­zung am 6. Dezember eine Hochschulreform „für mehr Autonomie und mehr eigene Ge­stal­tungs­mög­lichkeiten“ der Hochschulen be­schlossen, die ers­te Lesung der Gesetzentwürfe im Land­tag fand am 13. Dezember statt. Unter anderem sollen Hoch­schulrat und Hochschul­leitung gestärkt wer­den.

    Der neu konzipierte Hochschulrat habe künftig ei­ne zentrale Stellung als „Entscheidungs- und Kon­troll­­gremium“, heißt es in einer Pressemitteilung des Wis­senschaftsministeriums. Dem Rat sollen acht ge­wähl­te Mitglieder des Senats angehören und acht ex­ter­­ne Mitglieder aus Wissenschaft und Kultur, insbe­son­dere aber aus Wirtschaft und beruflicher Praxis.

    Den Vorstellungen des Freistaats zufolge soll der Hoch­schul­rat die Funktionen eines Aufsichtsrats er­hal­ten. Beispielsweise soll er über die Grundordnung ent­scheiden, die Hochschulleitung kontrollieren und den Präsidenten wie auch die Vizepräsidenten wäh­len. Bislang werden diese vom Erweiterten Senat ge­wählt, den es nach dem neuen Hochschulrecht nicht mehr geben wird.

    Der Senat wird von jetzt 29 Mitgliedern auf künf­tig acht verkleinert: Fünf Vertreter der Professoren und je einer aus dem Kreis der Studierenden sowie der wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Mit­ar­beiter. Auch die jeweilige Frauenbeauftragte hat, wie bisher auch, einen Sitz im Senat inne.

    Neu: Erweiterte Hochschulleitung

    Die Gesetzesvorlage sieht eine Stärkung der Hoch­­schul­leitung vor, „damit diese rasch und effektiv han­deln kann“. Laut Ministerium wird der Präsi­dent künftig noch mehr die Verantwortung da­für tragen, dass sich die Hochschule mit einem unver­wech­sel­ba­ren Profil positioniert. Die Dekane sollen die Leitung der Hochschule in einer so genannten Er­weiterten Hoch­schulleitung unterstützen und zusätz­liche Kom­pe­tenzen erhalten. Diesem neuen Gremium wird dann auch die Frauenbeauftragte angehören und stimm­be­rech­tigt an Berufungsverfahren mitwirken. Denn die Frau­enförderung ist laut Wissen­schafts­minister Tho­mas Goppel ein Leitprinzip der neuen Ge­setze.

    Als weiteren Kernpunkt der Reform nannte der Mi­nister den Rückzug des Staates aus der Detail­steue­rung. Insgesamt sei vorgesehen, die staatlichen Vor­­schriften für Hochschulen um etwa ein Drittel zu re­du­zieren. Der Staat beschränke sich künftig auf we­ni­ge Vorgaben, insbesondere zur Gliederung der Hoch­­schule in Fakultäten.

    Im Übrigen bleibe die hochschulinterne Or­ga­ni­sa­ti­on weitgehend der Eigenverantwortung der Hoch­schulen überlassen: Prüfungsordnungen müss­ten nicht mehr vom Staat genehmigt werden, das Anzeige­ver­fah­ren für Studienordnungen entfalle, Satzungen be­dürf­ten nur noch in Ausnahmefällen der staat­lichen Ge­nehmigung.

    Zielvereinbarungen, Haushalt, Experimente

    Im Verhältnis von Staat und Hochschule werden in Zukunft Zielvereinbarungen das wichtigste Steu­erungs­instrument sein. Goppel: „Wir wollen mit je­der Hochschule ihre Ziele individuell festlegen. Da­durch kön­nen wir Besonderheiten berücksichtigen und indi­vi­duell zugeschnittene Leistungsanreize schaffen“. Grund­lage für den Abschluss der Ziel­vereinbarungen sei­en das Optimierungskonzept 2008 und das Inno­va­ti­ons­bündnis. Die Verhandlungen über den Abschluss von Zielvereinbarungen sollen laut Goppel noch in die­sem Jahr beginnen.

    Das neue Recht „räumt den Hochschulen bei der Fle­xibilisierung ihrer Haushalte umfassende Mög­lich­keiten“ ein. Sie reichen der Mitteilung des Minis­te­ri­ums zufolge bis zur Einführung eines Global­haus­hal­tes. Das bedeutet, dass die Hochschulen weit­gehend frei über die Verwendung ihrer finanziellen Mittel ent­scheiden können.

    Im neuen Hochschulrecht sollen Erprobungs- und Ex­perimentierklauseln weiter ausgebaut werden. Gop­pel: „Wir wollen den Wettbewerb zwischen den Hoch­­schulen um die jeweils beste Organisations­form.“ Möglich werde damit zum Beispiel der Zu­sam­men­schluss von Fakultäten zu hoch­schul­über­grei­fen­den „Schools of Science“. Auch sollen die Hoch­schu­len ihre Leitungsstrukturen selbstständig verän­dern können.

    Lehre und Studienbeiträge

    Spätestens mit Beginn des Wintersemesters 2009/10 soll es die Regel sein, dass alle Studierenden Ba­chelor-Studiengänge aufnehmen. Diese zeitliche Vor­­gabe gilt nicht für Studiengänge, die mit einem Staats­­examen abgeschlossen werden.

    In Bayern sollen die Hochschulen ab dem Som­mer­­semester 2007 Studienbeiträge erheben können, die laut Ministerium „als zusätzliche Mittel in die Ver­besserung der Studienbedingungen fließen“. Er­reicht werden könnten Verbesserungen zum Beispiel durch mehr Lehrveranstaltungen in Klein­gruppen, ei­ne intensivere Fachstudienberatung, mehr Tutorien und eine bessere Ausstattung von Bib­liotheken und län­gere Öffnungszeiten.

    Universitäten und Kunsthochschulen sollen 300 bis 500 Euro, Fachhochschulen 100 bis 500 Euro pro Se­­mester als Beitragshöhe festlegen können. Goppel be­­tonte erneut, dass die soziale Abfederung der Stu­di­enbeiträge „ein Hauptanliegen der gesetzlichen Re­ge­lung“ sei. Neben einer im internationalen Vergleich mo­deraten Beitragshöhe setze Bayern auf „sozial­ver­träg­liche Darlehen“ und Befreiungs­möglichkeiten.

    Universitätsklinika-Gesetz

    Strukturänderungen kommen auch auf die Uni­ver­sitäts­kliniken zu: Bayern gibt – nach dem Modell des Münchener Klinikums rechts der Isar – allen Uni­kli­ni­ka die rechtliche Selbstständigkeit. Künftig soll ein Uni­versitätsklinikum mit seinem Jahresumsatz von über 500 Millionen Euro auf dem Gebiet der Kran­ken­­versorgung wie ein Wirtschaftsunternehmen han­deln können, teilt das Ministerium mit.

    Die zentrale Steuerung erfolge durch den Kli­ni­kums­­vorstand und den Aufsichtsrat. Der Gesetz­ent­wurf führe Entscheidungsbefugnisse im Auf­sichts­rat zu­sammen und baue staatliche Zu­stimmungs­vor­be­hal­te so weit wie möglich ab. Bau­maß­nahmen mit Kos­ten bis zu drei Millionen Euro sollen die Uni­ver­si­tätsklinika künftig selbst­ver­antwortlich durchführen. Au­ßerdem soll es ihnen ermög­licht werden, sich an Un­ternehmen zu be­teiligen.

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