Frost und Hitze lassen das Bärtierchen völlig kalt
08/07/2006Bärtierchen können ganz schön was wegstecken: Die winzigen Lebewesen halten es aus, wenn sie über Jahre hin gefroren sind. Kurzfristig überstehen sie auch extreme Hitze. Ist die schlimme Zeit vorbei, leben sie einfach weiter, als wäre nichts gewesen. Wegen dieser geradezu unglaublichen Fähigkeiten sind die Tierchen nun ins Blickfeld der Wissenschaft geraten.
In der Erbsubstanz der kleinen Organismen lassen sich nämlich Vorgänge entschlüsseln, die eine Stabilisierung von Zellen unter extremen Bedingungen ermöglichen. Das könnte sich als interessant erweisen für die Konservierung von Zellen, wie sie beispielsweise in Biobanken oder bei der Lagerung von Impfstoffen oder Blutkonserven erforderlich ist.
"Ich freue mich, dass wir bei diesem spannenden Projekt mitarbeiten", sagt Thomas Dandekar vom Biozentrum der Uni Würzburg. Der Bioinformatiker gehört einem neuen Forschungsverbund an, der von der Uni Stuttgart koordiniert wird. Die Wissenschaftler untersuchen die Prozesse, die den Bärtierchen das Überleben ermöglichen. Beteiligt sind außerdem das Deutsche Krebsforschungszentrum Heidelberg und die Oncoscience AG (Wedel). Das Bundesforschungsministerium fördert das Projekt namens "Funcrypta" mit über 1,5 Millionen Euro.
Bärtierchen sind mikroskopisch kleine Wirbellose. Sie leben vor allem im Süßwasser, aber auch in feuchten Böden und Moosen. So manche alte Mauer beherbergt gleich mehrere der über 900 weltweit vorkommenden Arten, die durch ihre versteckte Lebensweise und geringe Größe aber nur selten entdeckt werden.
Nicht nur Frost und Hitze, auch lange Trockenperioden sind für Bärtierchen kein Problem: Sie überdauern dann unbeschadet in einem tönnchenförmigen Ruhestadium. "Meist schädigt das Trocknen oder Gefrieren von Zellen die Membranen und Proteine ganz massiv. Das führt schließlich zum Absterben der Zelle und letztendlich zum Tod des Organismus", erklärt Projektkoordinator Ralph Schill aus Stuttgart. Warum das beim Bärtierchen nicht passiert, das wollen die Forscher nun herausfinden. "Wenn wir die Prozesse kennen, lassen sich womöglich neue Methoden entwickeln, um Makromoleküle, Zellen und ganze Organismen zu konservieren", so Schill.
Weitere Informationen: Dr. Ralph O. Schill, Universität Stuttgart, Biologisches Institut, T (0711) 685-69143, Fax (0711) 685-65096, E-Mail: ralph.schill@bio.uni-stuttgart.de