Ein Faktor für die Wundheilung
01/31/2007Wer die ersten Stunden nach einem Herzinfarkt überlebt hat, ist nicht aus der Gefahrenzone. Durch Probleme bei der Wundheilung drohen noch nach Tagen tödliche Komplikationen. Mediziner der Universität Würzburg und der Harvard Medical School in Boston haben dafür einen möglichen Verantwortlichen identifiziert. Ihre Ergebnisse stellen sie vor kurzem in der Fachzeitschrift PLoS ONE vor.

„Faktor 13“ ist ein wichtiges und gut erforschtes Glied innerhalb einer Reaktionskette, die der Körper in Gang setzt, wenn es darum geht, eine Blutung zu stillen und eine Wunde zu schließen. Inzwischen zeichnet sich ab, dass dieser Gerinnungsfaktor auch im Geschehen nach einem Herzinfarkt eine bedeutende Rolle spielt. Liegt bei den Betroffenen ein Faktor 13-Mangel vor, verschlechtern sich ihre Heilungschancen deutlich. Dies zumindest ist das Ergebnis einer aktuellen Studie von Forschern aus Würzburg und Boston an Mäusen. Verantwortlich für diese Untersuchung ist Dr. Matthias Nahrendorf. Der Mediziner war bis vor kurzem Facharzt an der Medizinischen Klinik I der Universität Würzburg und ist jetzt Co-Direktor des „Maus Imaging Programms“ am Massachusetts General Hospital in Boston.
Der Herzinfarkt ist noch immer die Todesursache Nummer 1 in Deutschland. Von den jährlich schätzungsweise 280.000 Betroffenen stirbt rund ein Drittel an den direkten Folgen. Verantwortlich dafür ist nicht allein der plötzliche Verschluss eines Herzkranzgefäßes und die damit verbundene Schädigung des Herzmuskels. Auch wenn der Patient die ersten Stunden nach seinem Infarkt gut überstanden hat, können noch etliche Tage später ernsthafte Komplikationen auftreten.
Die wohl drastischste Form dieser Komplikationen ist die Herzwandruptur. Der Herzmuskel hält dem Druck des Blutes nicht mehr stand, er reißt ein – eine Behandlung ist nicht möglich.
Nicht ganz so dramatisch verläuft die Herzschwäche. Hier verändert sich das Gewebe in den Herzwänden auch in Bereichen, die nicht vom Infarkt betroffen sind. Mediziner bezeichnen dies Ereignis als „ventrikuläres Remodeling“. In der Folge verändern und dehnen sich die Herzkammern mit der möglichen Folge einer Herzinsuffizienz – das Herz bringt nicht mehr die Leistung, die gebraucht wird.
Verantwortlich dafür könnte der Faktor 13 sein – oder genauer: sein Fehlen. Wie Matthias Nahrendorf, Ralph Weißleder (Harvard Medical School) und Georg Ertl (Medizinische Klinik und Poliklinik I der Universität Würzburg) zeigen konnten, führt ein Mangel dieses Eiweißstoffes zumindest bei Mäusen in der Regel zum Tod an den Spätfolgen. Ähnliches scheint für den Menschen zu gelten – wenn auch die Zahl der untersuchten Fälle bisher noch zu gering ist für verlässliche Aussagen.
Nahrendorf und seine Kollegen arbeiteten mit Mäusen, bei denen aufgrund eines genetischen Defekts die Faktor 13-Konzentration deutlich unter dem Normalwert lag. Nach einem Infarkt starben alle von ihnen innerhalb weniger Tage an einem Riss in der Wand der linken Herzkammer. Erhielten die Mäuse jedoch in diesem Zeitraum den Gerinnungsfaktor per Infusion künstlich zugeführt, pegelte sich ihre Überlebensrate auf dem Normalwert ein.
Logischer Schluss: „Das Enzym spielt eine aktive Rolle im Heilungsprozess nach einem Herzinfarkt“. Über einen komplizierten Prozess führt der Mangel an Faktor 13 anscheinend dazu, dass sich im Bereich des geschädigten Herzmuskels keine mechanisch stabile Narbe entwickeln kann. Das Gewebe erhält nicht die notwendige Festigkeit; kann dem Druck beim Pumpen nicht genug Widerstand entgegensetzen und reißt in der Folge – typischerweise drei bis fünf Tage nach dem Infarkt.
Jetzt halten die Mediziner klinische Studien am Menschen für angebracht, um herauszufinden, ob der Prozess hier in ähnlicher Weise wie bei der Maus abläuft. Falls ja, so der Schluss der Studie, könnten sich in Zukunft manche Komplikationen nach einem Herzinfarkt durch die Gabe von Faktor XIII weitgehend verhindern lassen. Die dafür notwendigen Untersuchungen laufen momentan in Würzburg an.
Ansprechpartner: MNahrendorf@partners.org
Das pdf der Studie ist in der Pressestelle der Universität Würzburg erhältlich (Tel.: 0931 – 312750, E-Mail: presse@uni-wuerzburg.de