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Wenn ein Alumni-Tandem sich findet

11/30/2021

Dr. Raino Petricevic und Dr. Christian Andersen sind beide Alumni der Universität Würzburg. Petricevic ist Physiker, Andersen Biologe. Wie ein gelebtes Alumni-Tandem aussieht und wie beide von den Ratschlägen des Anderen profitieren, erzählt das gemeinsame Interview.

Foto: privat

Dr. Raino Petricevic hat an der JMU Physik studiert und sich im Bereich Sensorik selbstständig gemacht. Dazu hat Alumnus Dr. Christian Andersen, der an der JMU Biologie studiert und in der Gründungsberatung gearbeitet hat, geraten. Christian ist mittlerweile als Netzwerkmanager beim Zentrum für Digitale Innovationen Mainfranken tätig.

Christian und Raino - ich habe Eure gemeinsame Vergangenheit durch Zufall in einem Gespräch mitbekommen und finde, es ist eine tolle Geschichte. Wie ist es zu Eurer 'Zusammenarbeit' gekommen?

Raino: 
2011 nachdem ich bei einer früheren Start-up-ähnlichen Firma schon mal gelernt hatte, wie es nicht funktioniert, habe ich mich zum Gründen einer eigenen Firma entschlossen. Ein ehemaliger Studienkollege (damals, inzwischen Professor) Lukas Worschech, den ich nach langen Jahren bei einer Elternveranstaltung im Kindergarten getroffen habe, hat mir dann den Kontakt zu Christian Andersen vermittelt, der damals noch am SFT an der Uni angesiedelt war. Kurz darauf habe ich Christian (noch im Gründungsbüro an der Uni ansässig) mein „Portfolio“ vorgestellt, bestehend aus einer Sensorplattformtechnologie für Leichtbau sowie elektrisch steuerbaren Flüssigkeiten. Er hat mich dann schon beim ersten Termin überzeugt „auf Sensorplattformtechnologie zu machen“, da Leichtbau im Kommen war bzw. noch ist.

Christian:
Ja, da kann ich mich noch gut dran erinnern. Raino saß vor mir, breitete lauter verschieden große - von Briefmarke bis Checkkarte - dünne Plastikstücke aus, seine Sensoren, und sagte mir, dass er gründen möchte. Auf die Frage, was diese Sensoren denn können und wo man sie einsetzt, erzählte er mir, dass es die besten Körperschallsensoren sind, die es auf der Welt gibt und dass man sie überall einsetzen kann, wo man in Bauteile "hineinhorchen" möchte. Im weiteren Gespräch erfuhr ich dann, dass er noch andere spannende Erfindungen gemacht hat wie die elektisch steuerbare Flüssigkeit - auch besser als alle, die bisher auf dem Markt waren.

In dem Sensor habe ich das größere Potenzial gesehen, gerade aufgrund seiner Messempfindlichkeit und seines großen Messbereichs. Sensoren sind ein wichtiger Baustein bei der Digitalisierung. Industrie 4.0, Big Data, Predicitve Maintenance - all diese Buzzwords kamen einem da sofort in den Sinn.

Raino: Mit wertvollen Tipps von Christian und einem Leitfaden ausgestattet, habe ich mich dann auf den Weg gemacht, einen Geschäftsplan zusammenzuschustern. Christian hat dem bis dahin „planlosen Physiker“ unermüdlichen und geduldig erklärt, was es mit Geschäftsmodell, Kundennutzen, USP, Wettbewerber, usw. auf sich hat und u.a. damit wesentlich dazu beigetragen, dass aus dem Businessplan  ein Schuh geworden ist. „Unermüdlich“ im wahrsten Sinne des Wortes, da immer in der Woche vor der Abgabedeadline beim Businessplanwettbewerb Nordbayern (davon gab es drei Phasen) fast täglich Korrekturen und Verbesserungsvorschläge von Christian bis weit nach Mitternacht bei mir eingetrudelt sind. Die Businessplanung hat sich insgesamt über ein halbes Jahr gezogen.

Christian:
"Planlos" würd' ich nicht sagen. Eher "genial". Je mehr ich Raino und das Potenzial seiner Sensoren kennen gelernt habe, desto mehr war ich selbst fasziniert von der Technologie und es hat Spaß gemacht, ihn dabei zu unterstützen, die vielen Ideen für Einsatzbereiche und die dahinterliegenden Märkte zu ordnen und einen Plan auszuarbeiten, wie man die Gründung angeht.

Raino:
Nach Einzug in ein Büro im Innovations- &Gründerzentrum, sind wir uns dann regelmäßig über den Weg gelaufen, da Christian ebenfalls schon seinen Sitz dort hatte. Christian hat nicht nur zur Vernetzung mit „Gott und der Welt“ beigetragen, (u.a. auch mit meinem Gründungspartner Clemens Launer), er war auch eine wichtige Stütze, wenn mal ein „Zwischentief“ vorbeigezogen ist und hat uns mit konstruktiver Kritik bei den ersten selbstständigen „Gehversuchen“ immer wieder auf Spur gebracht. Darüber hinaus hat sich eine tiefe Freundschaft entwickelt….

Chrisitan:
Ja, ich bin vom SFT der Uni 2011 dann ans IGZ Würzburg gewechselt und war dann auf dem gleichen Flur wie Raino, sodass wir uns wirklich regelmäßig gesehen haben. Zu der Zeit hatte ich einen Lehrauftrag in der BWL der Uni mit dem Thema "Businessplan". Da habe ich den Studierenden beigebracht, wie man Businesspläne schreibt, was sie dann für ein eigenes fiktives Gründungsprojekt gemacht haben. Unter den Studierenden war Clemens Launer, der mir damals schon aufgefallen war. Nicht nur, dass er einen guten Businessplan geschrieben hat, Clemens sprühte vor potenziellen Geschäftsideen und ware ein Macher, weil er sie sofort umsetzen wollte. Und er war neugierig, was sich so in der Gründerszene tut.  Deshalb kam er auch regelmäßig bei mir im IGZ vorbei, um mal zu hören, was es für neue Idee und Startups gibt. Und da habe ich ihn dann eines Tages mal ein paar Türen weiter mit zu Raino genommen. Und daraus wurde dann die iNDTact. Clemens war eine super Ergänzung zu Raino. Damit ging die Erfolgsgeschichte los: 2015 Bayerischer Gründerpreissieger. Im Jahr 2016 dann die Krönung als deutscher Gründerpreissieger. Das war schon ein klasse Erfolg! Weiter ging es dann mit dem Gewinn bei verschiedenen Accelerator-Programmen, bei denen die iNDTact tolle Kontakte zu den großen Industrieunternehmen aufbauen konnte.

Ich freue mich, dass ich einen kleinen Beitrag leisten konnte, aus der Idee ein so erfolgreiches Start-up zu machen. Und ja, das stimmt: mit Raino und mit Clemens ist eine tiefe Freundschaft entstanden. Die Gespräche hören nicht bei den Marktzahlen oder Finanzierungsrunden auf, sondern gehen dann auch im wahrsten Sinne um Gott und die Welt.   
 

Christian - warum empfiehlst Du die Gründungsberatung?

Christian: An dem Beispiel von Raino und der iNDTact kann man das ganz gut festmachen. Ich möchte jeden und jede, der/die mit der Idee spielt zu gründen, motivieren sich an die Gründerberatung zu wenden, sei es am SFT, dem IGZ oder am ZDI. Wir Gründerberater unterstützen kostenfrei, wir diskutieren die Geschäftsideen, zerpflücken sie auch manchmal und bewahren so vor größeren Fehlern, wir zeigen den Weg auf, wie man aus einer groben Idee ein funktionierendes Business macht, geben Struktur, informieren und unterstützen bei der Beantragung von Förderprogrammen. Und ganz wichtig: wir verstehen uns als Netzwerker. Wir bauen Kontakte auf zu anderen Unterstützern, potenziellen Kunden, anderen Gründern, Unternehmen, Wissenschaftlern, Investoren oder zu Mitgründern, wie im Fall von Raino und Clemens geschehen.

Und Raino, warum wolltest Du überhaupt gründen?

Raino: Nach 5 Jahren Grundlagenforschung an der Uni und anschließend 11 Jahren F&E im Bereich „intelligente Materialien“ fand ich, dass die Zeit reif war, gesammelte Erfahrungen und die ständig neuen Ideen irgendwie für die Welt nutzbar zu machen. Mit Hilfe der oben favorisierten Sensorplattformtechnologie, waren wir potentiell in der Lage Bauteilen, Strukturen und Maschinen das „fühlen“ bzw. „hören“ zu ermöglichen und somit diese Dinge intelligenter damit sicherer bzw. zuverlässiger zu machen. Zusammen mit den Herausforderungen bei CO2 -einsparenden Technologien wie Leichtbau und Zustandsüberwachung, die man mit unserer Technologie lösen kann, war die Gründung für mich eher ein Pflichtprogramm, selbst wenn die Hürden im ersten Augenblick unüberwindbar schienen. Ich finde es wichtig, das vom Leben zur Verfügung gestellte Potential irgendwie zurückzugeben. Für mich war das Gründen damals der richtige Weg. Heute kann ich sagen, dass ich den Weg keine Sekunde lang bereue, trotz des unwegsamen Geländes ohne ausgeschilderter Pfade. Für mich ist das der Inbegriff von Leben…  

Was würdet Ihr beide Alumni empfehlen, die ebenfalls gründen wollen - z. B. hinsichtlich der Vernetzung? 

  • Ständig bereit sein zu lernen, also für neue Erkenntnisse, allen voran über sich selbst und das Leben.
  • Für ALLES offen sein und gleichzeitig ALLES kritisch hinterfragen. Unter ALLES fallen auch eigene Ideen, Entscheidungen sowie diese Empfehlungen hier.
  • Den Punkt (=die Entscheidung) suchen. Mut zur Lücke, Shit happens, nobody is perfect!
  • Bereit sein seine Entscheidungen jeder Zeit zu korrigieren (aufgrund Punkt 1).

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