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Dr. Daniel Veith, Romanistik, Germanistik & Kunstgeschichte, Austauschlektor Universität Salamanca

07.02.2011

Aktuell: Würzburger Austauschlektor an der Universität Salamanca Studium: Romanistik, Germanistik & Kunstgeschichte

Dr. Daniel Veith - Würzburger Austauschlektor an der Universität Salamanca

Alumnus Daniel Veith hat einen Roman geschrieben, zeichnet und fotografiert auf professioneller Ebene, reist an entlegene Ecken der Erde, realisiert ein Theaterprojekt, veröffentlicht Fachliteratur, schreibt für SZ, FAZ und Spiegel - das Alumni-Büro fragt u.a., wie das alles zusammen funktioniert!                                           
   

                                                                                              
Herr Dr. Veith, Sie haben in Würzburg Romanistik, Germanistik und Kunstgeschichte studiert. Wieso haben Sie sich für ein Studium und eine Promotion an der Uni Würzburg entschieden?

Von einem Leben in Italien träumte ich schon seit meiner Kindheit. Da ich aus Tauberbischofsheim stamme, fuhr ich in den letzten Monaten vor dem Abitur mehrmals nach Würzburg, um mich bei verschiedenen Professoren über die Studienmöglichkeiten zwischen Venedig, Rom und Palermo zu informieren. Mir wurde angeraten, zuerst einmal in Deutschland zu beginnen und dann später mit Austauschprogrammen und Stipendien nach Italien zu gehen. Die Strategie überzeugte mich, und so schrieb ich mich 2001 für ein Magisterstudium an der Universität Würzburg ein.

Auch als Promovend blieb ich Würzburg treu, da ich in meinem Doktorvater, Prof. Dr. Wilhelm Pötters, den idealen Betreuer gefunden hatte, der mir den für mich äußerst wichtigen geistigen Freiraum, völlige Selbstständigkeit und Entscheidungsfreiheit bei meinem Forschungsvorhaben ließ
 


Sie arbeiten an der Universität Salamanca – wie ist es dazu gekommen?

Würzburg ist nicht nur Partnerstadt von Salamanca, sondern arbeitet auch auf akademischer Ebene eng zusammen: Abgesehen von zahlreichen Erasmus-Stipendien gibt es seit vielen Jahren einen festen Dozentenaustausch:

Ein Absolvent der Würzburger Romanistik wird an die Philologische Fakultät der Universität Salamanca berufen, um die dortigen Kollegen bei der deutschen Sprachausbildung zu unterstützen, andererseits kommt ein Salmantiner Germanist nach Würzburg und gibt Spanischkurse in der Hispanistik.

Als ich Mitte 2006 in Buenos Aires gerade beim Kofferpacken für meine Rückkehr nach Deutschland war, rief man mich aus Würzburg an und fragte, ob mir das Lektorat in Salamanca gefallen würde. Ich stimmte natürlich sofort zu.


 
Was verbindet Sie heute mit der Universität Würzburg?

Zuerst einmal meine Stellenbezeichnung: In Salamanca bin ich der „Würzburger Austauschlektor“. Weiterhin pflege ich nach wie vor regen Kontakt zu meinem Doktorvater und einigen Dozenten, die mein Schnellstudium nicht belächelten, sondern wohlwollend unterstützt haben. Alle paar Monate komme ich außerdem nach Würzburg, um in der Bibliothek für meine Forschungsprojekte zu recherchieren; in keiner spanischen Institution würde ich eine solche Unmenge an Fachliteratur wie in der UB am Hubland finden.

 

Was unterscheidet Ihr Leben in Spanien von Ihrem Leben in Deutschland?

Ein „Leben in Deutschland“ liegt für mich schon weit zurück, da ich seit 2003 fast durchgängig im Ausland wohne. Trotzdem würde ich sagen, der Hauptunterschied zwischen Deutschland und fast jedem anderen Staat der Welt ist, dass bei uns alles beinahe schon zu perfekt und reibungslos funktioniert. Für eine Person wie mich, die das Abenteuer liebt, passiert gar nichts Unvorhergesehenes mehr, was ein bisschen Würze und Aufruhr ins Leben bringt.

Das ist in Lateinamerika und – in abgeschwächter Form – in Südeuropa ganz anders. Hier ist es durchaus noch möglich, eine deftige Prise Turbulenz im Alltag auszukosten. Man ist sehr auf sich selbst gestellt, kann von keinem wirkliche Hilfe erwarten. Arbeitsmoral und Fachkompetenz auch in völlig unkomplizierten Angelegenheiten lassen meist sehr zu wünschen übrig. Ich gebe zu, eine spanische Firma würde ich mit meinen deutschen Prinzipien nicht verkraften.

Aber meine Tätigkeit an der Uni bewahrt mich glücklicherweise vor solchen Abhängigkeitsverhältnissen, so dass ich als stiller Beobachter das Klein-Chaos um mich herum genießen kann, ohne selbst allzu stark in den Strudel hineingerissen zu werden.

 

Was fasziniert Sie an anderen Kulturen?

Jede Kultur und jede Sprache vermittelt eine eigene Weltanschauung. Für mich ist es hochspannend, neue Kulturen kennen zu lernen, mich in sie hineinzudenken, sie zu analysieren, sie im Lauf der Zeit zu verstehen und mit anderen, mir bereits bekannten Kulturkreisen zu vergleichen.

Auf den ersten Blick seltsame Verhaltens- und Denkmuster werden plötzlich begreiflich und lassen einen Parallelen zu anderen, ähnlichen Charakteristika ziehen. Die Iberische Halbinsel erschien mir besonders attraktiv, da ich zuvor drei Jahre in Lateinamerika, also in den „Tochterstaaten“ gelebt habe, und jetzt bestimmte kulturelle Eigentümlichkeiten, die mir früher in Chile, Brasilien oder Argentinien aufgefallen sind, auf ihre spanischen und portugiesischen Ursprünge zurückführen kann.


 
Herr Veith, Sie haben einen Roman geschrieben, zeichnen und fotografieren professionell, reisen an entlegene Ecken der Erde, machen ein Theaterprojekt, veröffentlichen Fachliteratur, schreiben für SZ, FAZ und Spiegel – wie kriegen Sie alle diese Sachen unter einen Hut?


Den Luxus der absoluten geistigen Freiheit kann man sich im Rahmen einer normalen Beschäftigung eigentlich nur an einer Universität leisten. Trotz meiner Lehrverpflichtungen arbeite ich während der Vorlesungszeit an meinen Forschungsprojekten, schreibe Bücher und Artikel (seit 2008 habe ich fünfzehn Monographien und Lehrbücher veröffentlicht), ferner gebe ich eine wissenschaftliche Zeitschrift sowie eine Buchreihe im Peter-Lang-Verlag heraus, und im Herbst 2009 habe ich mit einem spanischen Kollegen einen Linguistenkongress in Salamanca organisiert.

Auf der anderen Seite bleibt mir Zeit für meine journalistischen und literarischen Tätigkeiten, und in den langen Semesterferien bin ich stets auf Reisen durch die Welt, sei es zur Recherche für meine Reisereportagen und Diashows oder im Rahmen von soziolinguistischen und kulturwissenschaftlichen Feldforschungen, etwa zu den deutschen Kolonien in Südamerika.

 

Wie unterscheiden sich die spanischen Studierenden – generell gesprochen – von den Deutschen?

Die spanischen Studenten sind unselbstständiger und zeigen nicht unbedingt die Wissbegierde, die man von Hochschulstudierenden erwarten sollte. Allerdings trifft das weniger auf die Studenten der Germanistik zu, denn wer würde eine so schwierige Sprache wie Deutsch lernen, wenn er nicht wirklich daran interessiert wäre?

Insofern habe ich durchweg sehr aufmerksame und arbeitswillige Studenten, bei denen es Spaß macht, Sprach- und Grammatikkurse zu geben. Ich arbeite mit einer von mir selbst entwickelten, speziell für spanische und lateinamerikanische Hochschulsysteme konzipierten Methode, mit der ich etwa doppelt so schnell wie konventionelle Sprachkursmodelle vorankomme.

 

Können Sie beschreiben, wie (und ob) Ihr Studium Sie für Ihr späteres Berufsleben vorbereitet hat.

Ich wollte schon immer im Ausland leben, entweder als Dozent an einer Universität oder z.B. als Abgesandter einer kulturellen Institution wie etwa dem Goethe-Institut, um so über ein gesichertes festes Einkommen zu disponieren und zugleich meine übrigen Aktivitäten entfalten zu können.

Die Fächerkombination Fremdsprache und Germanistik ist bei diesbezüglichen Bewerbungen natürlich das größte Plus im Lebenslauf. Für den Sprachunterricht brachte mir mein Studium allerdings wenig, da man sich Kompetenz als Dozent für Deutsch als Fremdsprache (DaF) fast nur über „Learning by doing“ aneignen kann. In dem Fall hilft nicht einmal ein spezieller DaF-Studiengang, denn dieser ist auf die Situation in Deutschland zugeschnitten (Ausländer, die den Eingliederungstest bestehen müssen).

Eine Methode, die davon ausgeht, dass der Deutschlerner keine Grammatikkenntnisse besitzt, ist an einer spanischen Universität völlig fehl am Platz, weil die spanischen Studenten von der Schule eine durchaus akzeptable grammatische Basis mitbringen. Insofern muss man in Spanien ganz anders an deutsche Sprachlehre herangehen als etwa in Deutschland, und eben das lernt man nur, wenn man selbst bereits die Sprache im Gastland unterrichtet.

 

Was würden Sie heute Studierenden mit einem ähnlichen Berufswunsch empfehlen?

Genauso studieren, wie ich es gemacht habe. Mit meiner Fächerkombination hat man beste Chancen, Stipendien für Auslandsaufenthalte zugesprochen zu bekommen und danach mit relativ großer Wahrscheinlichkeit tatsächlich in einer fremden Kultur leben und arbeiten zu dürfen. Wer zudem mit einer Karriere als freier Journalist liebäugelt, muss dank des Festgehalts nicht immer von Honorar zu Honorar rennen, um das Überleben zu sichern, sondern kann seine Artikel und Reportagen in aller Ruhe und ohne finanziellen Stress schreiben.

Aber auch Studenten mit weniger international ausgerichteten Lebenszielen möchte ich wärmstens empfehlen, wenigstens ein Semester fern der Heimat zu verbringen. Was man in nur einem Monat an praktischer Lebenserfahrung in einem anderen Land sammelt, kann das gesamte Studium in Deutschland nicht bieten.


Vielen Dank für das Gespräch!

Von Michaela Thiel

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