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Christine Lehman, Biologie, Tropenmedizin

03.07.2018

Unsere Alumna Christine Lehman hat an der Universität Würzburg Biologie studiert. Heute forscht sie in Hamburg am komplexen Lebenszyklus des Malaria-Erregers Plasmodium falciparum

Foto: Privat

Alumna Christine Lehmann wuchs in Hamburg auf. Nach dem Abitur zog es sie für ein Biologiestudium nach Würzburg. Für neue Impulse und um erste Erfahrungen in der Laborarbeit zu sammeln, verbrachte sie ein Jahr ihres Studiums am Robert-Koch-Institut in Berlin und an der Duke Universität in North Carolina (USA). Für ihre Doktorarbeit kam sie dann zurück nach Hamburg und war am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin tätig. Dort war sie auch Mitte Juni Gastgeberin des Regionalgruppentreffen Alumni-Nord.

Nach dem erfolgreichen Abschluss ihrer Promotion mit dem Thema „Entwicklung des Malariaerregers Plasmodium und daran beteiligte Proteasen während der Leberphasenentwicklung des Parasiten“ hat sie die vergangenen sechs Jahre in Genf und London als Postdoc gearbeitet. Christine ist Mutter einer kleinen Tochter.

Frau Lehmann, wie hat das Studium Sie auf Ihr Berufsleben vorbereitet? Das während meines Studiums angeeignete Wissen über die theoretischen Grundlagen und biologischen Zusammenhänge in der Zellbiologie, Genetik und Mikrobiologie ist immer noch aktuell und begleitet mich bis in meinen heutigen Alltag. Besonders hilfreich waren auch die diversen Laborpraktika in Deutschland und im Ausland, die ich mithilfe von Kontakten der Universität Würzburg mit Partneruniversitäten und Instituten durchführen konnte. So haben mir diese direkt die Türen geöffnet für meine Diplom- und anschließende Doktorarbeit.

Was ist Ihr Forschungsschwerpunkt? Seit meiner Diplomarbeit beschäftige ich mich mit den Wechselwirkungen zwischen dem Malariaparasiten Plasmodium und seinen Wirtszellen. Diese von weiblichen Mücken der Gattung Anopheles übertragenen Parasiten kommen in den Tropen vor und haben einen sehr komplexen Lebenszyklus.

Was darf ich mir unter einem komplexen Lebenszyklus vorstellen? In einem infizierten Menschen gelangen die Parasiten von der Infektionsstelle in der Haut zunächst über den Blutkreislauf in die Leber, um sich dort massiv zu vermehren. Von da aus bewegen sich die nun morphologisch angepassten Parasiten dann zurück ins Blut und infizieren alle 48 Stunden weitere rote Blutzellen. In der Folge werden massenhaft Blutzellen zerstört und die infizierten roten Blutzellen verklumpen in den Gefäßen der Organe und dem Gehirn. Deshalb führt eine unbehandelte Malaria Tropica in über 50 Prozent der Fälle zum Tod des Erkrankten. Zudem gibt es gegen fast alle verfügbaren Malaria-Medikamente bereits weltweit Resistenzen.

Wie ernst muss man die Malaria nehmen? Malaria gehört auch heute noch zu einer der tödlichsten Tropenkrankheiten, der in den Gebieten, in denen sie weitverbreitet ist,  vor allem Kinder unter fünf Jahren zum Opfer fallen. Die Malaria-Forschung konzentriert sich daher vor allem auf die Entdeckung und Entwicklung neuer Ansatzpunkte für Wirkstoffe oder eines Impfstoffs.

Und woran arbeiten Sie? Ich beschäftige mich seit Jahren mit der folgenden Fragestellung: Mit Hilfe welcher Enzyme kann der Parasit rote Blutzellen verlassen und neue infizieren? Wir haben die Hoffnung, so neue Ansatzpunkte für die Therapie von Malaria zu identifizieren.

Wie kann man sich Ihren Arbeitsalltag vorstellen? Als Basis aller Experimente müssen die Parasiten die im Labor bei 37 Grad Celsius in Blutkulturen gehalten werden, fast täglich gefüttert und gepflegt werden. Da sie – wie oben beschrieben – einem 48-Stunden-Zyklus unterliegen, müssen sie spätestens alle zwei Tage mit frischen Blutzellen versorgt werden. In den meisten Experimenten interessiert man sich für ein ganz bestimmtes Entwicklungsstadium des Parasiten in seinem Zyklus. In meinem Fall muss ich dabei genau den Übergang zwischen einem und dem nächsten Zyklus des Parasiten abpassen, um die Infektion neuer roter Blutzellen verfolgen zu können. Für die Experimente stehen mir vielfältige Methoden zur Verfügung. So können die Parasiten zum Beispiel gefärbt werden oder mithilfe von genetischer Manipulation dazu gebracht werden, fluoreszente Proteine zu bilden, die sich in bestimmten zellulären Strukturen anreichern. Die lebenden Parasiten und ihre sub-zellulären Strukturen können dann mit einem Mikroskop dargestellt werden.  Des Weiteren verwende ich diverse Parasiten-Mutanten, denen einzelne Proteine fehlen, um zu erforschen, ob und in welcher Weise diese Proteine für die Infektion von Blutzellen wichtig sind.

Gibt es auch bei Tropenkrankheiten Trends oder Highlights? Die Malaria-Forschung hat in den vergangenen Jahren viel Aufmerksamkeit erhalten. So hat beispielsweise die Bill & Melinda Gates Foundation Ende 2013 die Ausrottung der Malaria zu einer ihrer Top-Prioritäten gemacht. Bisher wurden durch sie über zwei Milliarden US-Dollar für Fördermittel ausgegeben. Aber auch Viren und andere Parasiten, die schwere Erkrankungen verursachen können, stehen im Fokus, sobald viele Menschen, etwa während einer Epidemie, davon betroffen sind. Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang der Ausbruch von Ebola 2014 in Westafrika, an dem innerhalb weniger Monate mehr als 11.000 Menschen starben. In der jüngsten Zeit hat auch das  Zika-Virus von sich reden gemacht, das sich mittlerweile rund um den Erdball ausgebreitet hat und bei Infektion von Schwangeren zu massiven Hirnschäden des Fötus führen kann.  

Welche besonderen Herausforderungen erfahren Sie in Ihrem Arbeitsbereich? Eine Herausforderung, mit der ich mich jede Woche auseinandersetzen muss, ist der Lebenszyklus des Parasiten.  Möchte man bestimmte Entwicklungsstadien analysieren, muss man sich dafür komplett an seinen Zyklus anpassen. So kommt es oft vor, dass man auch in der Nacht oder am Wochenende ins Labor muss, um Experimente durchführen zu können.  Zum anderen ist der Parasit extrem wandlungs- und anpassungsfähig. Eine Eigenschaft, die es ihm ermöglicht hat, schon seit über 100.000 Jahren im Wechsel zwischen Mensch und Mücke zu parasitieren und innerhalb kürzester Zeit Resistenzen gegenüber Wirkstoffen zu entwickeln oder genetische Manipulationen zu kompensieren.

An welche Begebenheit aus Ihrem Studium erinnern Sie sich besonders gerne? Schon in der ersten Woche wurden wir „Frischlinge“ in kleine Gruppen eingeteilt und bekamen einen Mentor, der sich all unseren Fragen stellte und uns damit half, auf dem großen Campus des Biozentrums der Uni Würzburg zurechtzukommen. Diese ersten gemeinsamen Erfahrungen in unserer kleinen Gruppe haben zu einer tiefen Freundschaft geführt, die das gesamte Studium und darüber hinaus anhielt und hält. Sehr wichtig und hilfreich waren auch immer die Altklausuren, Erfahrungen und Partys der FiBio. Vielen Dank dafür!

Und zu guter Letzt: Wie schaffen Sie es Familie und Beruf zu vereinbaren? Ich bin das erste Jahr mit meiner Tochter zu Hause geblieben und habe diese Zeit sehr genossen. Danach hatten wir glücklicherweise einen Platz in der Krippe, und ich konnte wieder arbeiten gehen. Trotzdem bleibt es oft eine logistische Herausforderung, vor allem bei Krankheit oder in Ferienzeiten. Ich habe aber das große Privileg, dass sowohl die Großeltern sich stark engagieren, als auch mein Mann unsere Tochter an den meisten Tagen von der Kita abholt. Ohne diese Unterstützung wäre es tatsächlich schwer für mich. weiterhin in der Forschung zu arbeiten. 

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