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Prof. Maren Schentuleit, Lehrstuhl Ägyptologie

25.06.2019

Professorin Maren Schentuleit ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Ägyptologie in Würzburg. Während ihrer akademischen Ausbildung hat sie Stationen in Leuwen und Dänemark absolviert, in Trier studiert und in Würzburg promoviert. 2016 hat sie in Heidelberg habilitiert und wird ab September 2019 als Associate Professor an der Universität Oxford lehren.

FotoAgenten, Heidelberg (Bild: Angelika Loeffler)

Frau Professorin Schentuleit, einer Ihrer Schwerpunkte ist die Relationen Beziehung zwischen Politik und Religion in Ägypten. Wie könnte man diese in kurzen Worten beschreiben?

Als Tourist, der heute Ägypten besucht oder Ausstellungen im Museum anschaut, erhält man den Eindruck, alles im Pharaonenreich habe mit Religion zu tun gehabt. Doch hat eine Ritualszene, in der der Pharao den Göttern eine Figur der Göttin Maat darreicht, die Recht und ideale Weltordnung symbolisiert, auch wenn sie in einem Tempel fixiert ist, nicht nur eine religiöse, sondern auch eine politische Bedeutung. Eine Besonderheit der ägyptischen Kultur ist, dass in vielen Bereichen des Lebens mithilfe von Elementen der religiösen Sprache kommuniziert wurde, uns modernen Menschen es jedoch nicht leicht fällt, andere Aspekte wie etwa Aussagen zum politischen System dahinter zu entdecken. In meiner Habilitationsschrift habe ich mich mit der politischen Rolle des Gottes Herischef auseinandergesetzt, der eine besondere Relevanz für die legitime Machtausübung der Herrscher hatte. Die Analyse hat gezeigt, welche Eigenschaften und Attribute des Gottes, die in religiösen Quellen fixiert sind, zu seiner besonderen politischen Bedeutung geführt haben.     
 

Das Thema Sozial- und Wirtschaftsgeschichte in Ägypten steht bei Ihnen ebenfalls im Fokus. Als Laie weiß man wenig darüber. Können Sie uns einige Stichpunkte nennen?

Mein derzeitiges Projekt am Lehrstuhl für Ägyptologie der Universität Würzburg beschäftigt sich mit den Abrechnungen aus der Tempelbuchhaltung eines ägyptischen Heiligtums der römischen Zeit. Hier bekommen wir außergewöhnlich detaillierte Einblicke in die ökonomische Dimension von Götterkulten: Die Entlohnung in Geld und Naturalien für Priester, Sänger und Tänzer, Hirten, Schreiber oder Wachen des Heiligtums ist genauso minutiös aufgezeichnet wie Rohstoffe für Tempelinventar und Materialen für den Götterkult, etwa die benötigte Menge an Räucherwerk für das „Tägliche Ritual“ vor den Kultstatuen oder die Ölrationen, mit denen die Türen von Kapellen gesalbt wurden. Wir sehen aber auch die Auswirkungen, die die römische Eroberung auf einheimische Tempel hatte wie die Verpflichtung zur Zahlung von verschiedenen Abgaben und Steuern und Inspektionsbesuche durch ranghohe Autoritäten der römischen Staatsverwaltung. Solche sozial- und wirtschaftshistorisch relevanten Quellen lassen für mich die Menschen hinter den manchmal abstrakten religiösen Vorstellungen lebendig werden.
 

Was würden Sie als die größte Herausforderung in Bezug auf Ihren akademischen/wissenschaftlichen Werdegang bezeichnen?

Um es vorweg zu sagen: Meine Eltern haben mich von Beginn an in meiner Studienwahl unterstützt – ich habe erst viel später erfahren, dass sie nicht sehr begeistert von meinen Plänen waren. Die erste größere Herausforderung war die Entscheidung zu promovieren, diesen Schritt in Richtung einer akademischen Laufbahn zu wagen. Ähnlich war es dann bei der Habilitation, mit der man für alles außer einer wissenschaftlichen Karriere überqualifiziert erscheint. Glücklicherweise hatte ich immer Mentoren, die mich verantwortungsvoll beraten haben. 
 

Was fasziniert Sie ganz besonders an Ihrem Beruf?

Neben der detektivischen Arbeit, die man beim Entziffern von ägyptischen Papyri erbringen muss, ist das zweite Faszinosum für mich, dass ich in den Quellen den altägyptischen Menschen unmittelbar begegne. Ein Thema, das mich besonders interessiert, ist die wirtschaftliche und soziale Stellung der Frau in der ägyptischen Gesellschaft. Aus den dokumentarischen Quellen wie Urkunden, Abrechnungen, Briefen usw. ergibt sich ein ganz anderes, positiveres Bild als etwa aus den literarisch geformten Texten, die für ein spezifisches, in der Regel männliches, elitäres Publikum geschrieben waren. Aber natürlich geben auch die dokumentarischen Quellen immer nur einen Ausschnitt des großen Ganzen wieder.
 

Was würden Sie Studierenden, vielleicht auch insbesondere Frauen raten, die einen ähnlichen Werdegang anstreben?

Das, was ich Studieninteressierten in vielen Studienberatungen gesagt habe: Die Wahl des Studienfaches nicht von taktischen Überlegungen abhängig machen, sondern dem Herzen folgen. Aber ich rate auch, spätestens nach dem ersten Studienjahr eine kritische Bestandsaufnahme zu machen: Ist es wirklich das, was ich mir vorgestellt habe? Stehe ich dahinter? Bin ich bereit, nach dem Studium mich völlig umzuorientieren, wenn ich keine Stelle bekomme? Frauen sollten sich im Klaren sein, dass es mit Kindern schwieriger wird, Karriere zu machen: Man kann weniger Zeit in seine Forschungen stecken als Kinderlose – egal ob Mann oder Frau - und ist auf die Unterstützung des Partners angewiesen, der einem ab und an den Rücken freihalten muss. Ansonsten: Nicht zu viel nachdenken, sondern machen!

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