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Experteninterview: Faszination Mozart

13.03.2021

Professor Ulrich Konrad leitet an der Uni Würzburg den Lehrstuhl für Musikwissenschaft I: Musik der europäischen Neuzeit. Außerdem engagiert er sich als Leiter des Kuratoriums sehr für das Würzburger Mozartfestival.

Prof. Ulrich Konrad, Foto: Schmelz Fotodesign

Im Experteninterview berichtete Professor Konrad von seinen Forschungen und seiner Faszination für Mozart.

Prof. Konrad, was fasziniert Sie persönlich an Mozart?

Mozart ist für mich Inbegriff einer umfassenden, ja, grenzenlosen musikalischen Kreativität. Ich habe noch nicht entdeckt, dass er in der Musik etwas nicht gekonnt hätte, wobei ,können‘ in diesem Zusammenhang ein schwaches Wort ist. Würde ich gezwungen, ein Unvermögen Mozarts zu benennen, dann seine Unfähigkeit, durchschnittliche oder gar mittelmäßige Musik zu komponieren. Nach unserer allgemeinen Erfahrung stoßen Menschen oben an Grenzen, während es nach unten immer noch weitergeht. Für mich ist Mozart einer der wenigen Komponisten in 1000 Jahren europäischer Musikgeschichte, durch den eine Obergrenze gezogen ist.

Und was gefällt Ihnen besonders an seiner Musik?

Ihre Intelligenz, Klarheit, Unsentimentalität, ihre Kunsthöhe bei gleichzeitigem Schein der Einfachheit, ihre Anmut und völlige Kitschfreiheit. Ihr Klang, mit dem für mich eine konkrete Vorstellung des musikalisch Schönen verbunden ist.

Welche Aspekte der Persönlichkeit Mozarts könnten uns heutzutage inspirieren?

Für eine Antwort auf diese Frage müssten wir Mozarts Persönlichkeit umfassend kennen, doch ist unser Wissen diesbezüglich zu lückenhaft. Außerdem: Wobei und in Bezug auf was sollte er uns ein inspirierendes Vorbild sein können? Einer Erscheinung wie Mozart wird man in dessen Profession, der Musik folgen wollen, doch das zu wagen, setzt Riesenkräfte vor­aus – Beethoven ver­fügte darüber, er ließ sich denn auch mit Gewinn von seinem Kollegen inspirieren. Aber heut­zutage wird sich kein Komponist mehr dazu anregen lassen können, Mozarts Musiksprache weiter zu entwickeln. Es werden ja auch, um ganz andere Gebiet zu nennen, keine gotischen Dome mehr gebaut oder Dramen wie Goethes Faust geschrieben. Wie von jeder Kunst, und erst recht von der Musik, die wir uns ja immer wieder neu durch Aufführungen vergegenwär­ti­gen müssen, können wir uns anrühren lassen und erspüren, dass sie etwas mit uns zu machen vermag. Was dieses etwas ist, hat jeder selbst zu ergründen. Mich inspiriert also weniger die Persön­lichkeit Mo­zarts als vielmehr seine Musik zum Nachdenken darüber, was Menschen mit einer der­ar­tig faszinierenden Bega­bung uns über Zeiten hinweg zum geistigen Verzehr anbieten. Ich finde das immer wieder überwältigend.

Gibt es Aspekte der Musik und/oder der Person Mozarts, die Ihrer Meinung nach zu wenig er­forscht sind / zu wenig Beachtung finden?

Ich habe den Eindruck, dass der Umgang mit Mozart und seiner Musik generell zu stark von überkommenen Klischees geprägt ist. Als ebenso banalen wie sprechenden Beleg dafür weise ich gerne auf die Tatsache hin, dass wir uns einfach nicht angewöhnen wollen, Mozart bei sei­nem richtigen Namen zu nennen. Er hat sich zeitlebens nicht Amadeus genannt, sondern ent­we­der Amadeo oder, häufiger noch Amadé. Für mich ist AMADEUS die seit dem frühen 19. Jahrhundert konstruierte idealische Künstlerfigur (oder das Popprodukt des gleichnamigen Hollywood-Films), während AMADÉ die historische Person und den Komponisten bezeich­net, mit deren Denken und Werken sich auseinanderzusetzen so unendlich lohnend ist. Mozart ist in vielem ziemlich anders als das, was wir so gemeinhin über ihn erzählen. Und gewiss mehr als die (im Übrigen alles andere als harmlose) Kleine Nachtmusik.

Was hat Sie dazu bewegt, sich als Vorsitzender des Kuratoriums für das Mozartfest zu enga­gieren?

Es gehört seit eh und je zu meinem beruflichen Selbstverständnis, die mir von der Gesell­schaft eingeräumte Möglichkeit, lebenslang meinen intellektuellen und künstlerischen Lei­den­schaften nachgehen zu dürfen, wenigstens dadurch partiell zu entgelten, dass ich mich für öffentliche Aufgaben zur Verfügung stelle. Im Falle Mozarts tue ich das vornehmlich in Salz­burg und in Würzburg, ganz einfach deswegen, weil ich meine, mich hier vielleicht für die Sache nützlich machen zu können. Das Mozartfest Würzburg ist im nationalen wie internationalen Kulturleben eine bedeutende Institution, und sie ent­wickelt sich seit einigen Jahren besonders dynamisch. Bei den Verantwortlichen herrscht eine große Offenheit für Ideen, auch eine Bereitschaft, Dinge anders zu sehen und zu verstehen als üblich. Wenn man will, dass Kultur kein randständiges Phänomen für ein paar Interessierte ist, sondern in die Mitte der gesellschaftlichen Lebens gehört, dann bietet etwa ein Kuratorium aus engagierten Bürgerinnen und Bürgern beste Chancen für eine Kommunikation über alle Fachgrenzen hin­weg.

Welche Interaktionen / Kooperationen existieren zwischen Mozart­fest und der Universität / Ihren Studierenden?

Fortgeschrittene Studierende des Instituts für Musikforschung haben über Jahre hinweg unter meiner Anleitung die Programmhefttexte des Mozartfestes geschrieben. Mit der Einrichtung des Mozartlabors, der wunderbaren Verwirklichung eines Begegnungsorts von künstlerisch und wissenschaftlich aufstrebenden jungen Leuten, haben einige aus dem Institut es übernom­men, tief in die Arbeit des Labors mit einzusteigen und jährlich an dessen Programm mitzu­wir­ken. Wenn Studierende am Thema Mozart interessiert sind, dann finden sie über das In­stitut insgesamt leicht den Zugang auch zum Mozartfest. Außerdem stehen wir Musikhi­sto­riker an der Universität dem Mozartfest immer als Ansprechpartner zur Verfügung. Im Jubi­läumsjahr gibt es außerdem die erfreuliche Kooperation des Martin-von-Wagner-Museums mit dem Mozartfest bei Organisation und Durchführung der Ausstellung IMAGINE MO­ZART | MOZART BILDER.

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