Angelika Summa, Kunstgeschichte, Archäologie & Germanistik, Künstlerin
08.08.2011Aktuell: Künstlerin Studium: Kunstgeschichte, Archäologie und Germanistik
Angelika Summa hat an der Universität Würzburg Kunstgeschichte, Archäologie und Germanistik studiert. Im Jahr 1995 wurde die in Würzburg lebende Künstlerin mit dem Kulturförderpreis der Stadt Würzburg ausgezeichnet. Gerade ist Sie von einem zweimonatigen Aufenthalt als artist in residence aus Bremerhaven zurückgekommen.
Sie haben Ihr Atelier und Ihre Werkstatt hier in Würzburg. Was hat Sie dazu bewogen, sich künstlerisch hier in Würzburg niederzulassen?
Niedergelassen ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck ... die Entscheidung für Würzburg als Studienort war bewusst; ich bin gebürtige Bayreutherin. Dass ich als Bildhauerin in Würzburg lebe, hat aber eher damit zu tun, dass sich im Laufe der Jahre meine persönlichen und beruflichen Strukturen mit dieser Stadt verfestigt und verbunden haben.
Trotz meines großen Platzbedarfs kann ich meine Werkstattmiete bezahlen, das ist existentiell wichtig - und kann ich mir für Berlin, München, Paris, New York .... nicht vorstellen. Zudem arbeite ich in einer Ateliergemeinschaft, der Künstlerkolonie "Malerfürstentum Neu-Wredanien" in der Aumühle. Und das bedeutet mir etwas.
Dass sich professionell tätige Zeitgenossen künstlerisch in Würzburg niederlassen, also von außen kommend bewusst für diese Stadt entscheiden, ist vielleicht eher bei Musikern der Fall, weil es für die Musik hier eine "Infrastruktur" gibt. In der bildenden Kunst ist die Szene, sprich Ausstellungs-, Kontaktmöglichkeiten, Förderung etc., doch arg dürftig.
Frau Summa, Sie bevorzugen als Materialien Draht in allen erdenklichen Stärken. Wie sind Sie zu diesem – doch recht widerborstigen – Lieblingsmaterial gekommen?
Eben weil es so widerborstig ist. Und eigenwillig. Weil ich das Gefühl habe, dass ich mit Metall das ausdrücken kann, worum es mir geht. Dass ich näher dran bin am Leben mit seinen Brüchen und Widrigkeiten, ohne das als allzu hehre Botschaften verbreiten zu wollen. Denn wann und bei wem geht schon alles glatt im Leben?
Zudem muss man die Verarbeitung von Metall lernen. Man muss wissen, ob man Eisen, Edelstahl, Messing oder Kupfer verschweißt oder verlötet und wie man das macht und wofür. Es geht nicht einfach so, mit links. D.h., ich muss mich mit dem Material auseinandersetzen. Und das gefällt mir.
Es wird beschrieben, dass Sie häufig und nicht selten auch ironisch geometrische Formen schaffen. Wäre die Mathematik Ihr eigentliches Nebenfach gewesen?
Eine interessante Frage, denn die Verbindung zur Mathematik, vor allem zur Geometrie, ist in meinen Arbeiten zweifellos vorhanden. Aber als Studium kam Mathematik nie für mich in Frage. In der Schule zählte Mathematik nicht gerade zu meinen Lieblingsfächern; mein mathematisches Verständnis ist eher peripher, da mein Lerneifer interessensabhängig war. Ähnlich ging es mir mit Physik.
Mechanische Kräfte auszurechnen, fand ich extrem langweilig. Auf dem Gebiet der Atomphysik bin ich dann aufgewacht. Hochinteressant, aber zu spät für eine wirklich gute Note!
Ihre Models und Sie selbst tragen sogar Kleidungsstücke aus Draht auf der nackten Haut. Das sieht sehr schmerzhaft aus – zumal man sich fragt, wie man es überhaupt schafft, Ihre Drahtkleider anzuziehen.
Es ist auch schmerzhaft, jedenfalls im ersten Moment. Aber es gibt Tricks, um das abzumildern. Nun sind weder meine Models Masochisten, noch bin ich es. Es geht auch nicht um verrückte Mode. Weshalb ich den Ausdruck "Kleidung" oder "Gewand" vermeide. Das ist nichts für den Catwalk oder das Mozartfest.
Es geht um die künstlerische Idee, dass Körperskulpturen, also Skulpturen zum Anziehen, psychische Befindlichkeiten ausdrücken können wie z. B. Schutzbedürfnis, Verletzlichkeit, Stolz etc. Es geht weiterhin um die Idee, dass Skulpturen, die den Menschen umhüllen, die er "tragen" muss, zu Bedeutungsträgern in einem (gesellschaftlichen) Gefüge werden, also z. B. die Reflexion über Innen- und Außenwelt, Standpunkte, Identität, Kommunikation fördern und darüber wie das Individuum durch die Umwelt geprägt wird.
Die Körperskulptur ist gleichzeitig Haut und Rüstung; ihre Aussage am augenfälligsten, wenn sie auf nackter Haut getragen wird. Das Anziehen ist oft bei den schwereren Körperskulpturen eine größere Prozedur; die größte ist, sie in einer etwa halbstündigen Performance auszuhalten.
Sie engagieren sich für Studierende der Kunstpädagogik und stellen mitunter auch ihr Atelier zur Verfügung. Was ist ihre Motivation für Ihre Unterstützung?
In meinem Seminar "Körper, Skulptur, Körperskulptur" geht es mir um die freie Gestaltung von Metallskulpturen, d.h. Studierende der Kunstpädagogik lernen in meinem Atelier das Verformen und Verschweißen von Draht zu einer Körperskulptur, zwar unter meiner Anleitung, aber nach eigenen Entwürfen und Vorstellungen.
Wenn möglich, sollen die Ergebnisse auch getragen und öffentlich gezeigt werden, wie Ende Juli nachts auf der Alten Mainbrücke mit meinen Studierenden des SS 2010. Wo immer diese jungen Leute dann beruflich stehen werden, sei es vor Museumsbesuchern oder vor Grundschulkindern, ich denke, dass intensive praktische Eigentätigkeit - und mein Seminar ist betont praktischer Natur - die Kompetenz zur Kunstvermittlung fördert, weil man mehr Zutrauen zu sich selbst und in die eigenen Fähigkeiten gewinnt.
Außerdem haben auch heutzutage die wenigsten Mädchen Gelegenheit, das Schweißen zu lernen, das ist mein kleiner feministischer Ansatz. Dass es die jungen Frauen interessiert, sehe ich daran, dass die meisten Studierenden meines Seminars weiblich sind. Auffallend ist, mit wie viel Mut sie sich auf die - angeblich so "männliche" - Technik stürzen.
Zum Abschluss: Wenn Sie sich für Ihre Zukunft etwas wünschen dürften – was wäre das?
Dass ich alle meine Pläne umsetzen kann.
Vielen Dank für das Gespräch!