Neues Forschungszentrum eingeweiht
09.10.2009Saniert, mit einem Neubau erweitert, von Forschungsgruppen bevölkert: In der früheren Chirurgischen Klinik arbeiten jetzt zwei biomedizinische Forschungszentren der Universität.

Die Chirurgische Klinik der Uni Würzburg war im Jahr 2004 ins nagelneue Zentrum für Operative Medizin umgezogen. Ein Jahr danach begannen am Altbau die Arbeiten: Sie sollten Raum schaffen für zwei räumlich voneinander getrennte Forschungszentren, die von einer noch engeren Kooperation weitere Fortschritte in der Biomedizin erwarten: fürs Zentrum für Infektionsforschung und fürs Rudolf-Virchow-Zentrum.
Seit Juni 2009 ist das sanierte und um einen Neubau erweiterte Gebäude in Betrieb, am 8. Oktober wurde es feierlich eingeweiht. Seine Gesamtfläche beträgt rund 10.000 Quadratmeter, mehr als 3400 davon entfallen auf Labors. Der Bund und das Land Bayern teilen sich die Baukosten von 78 Millionen Euro.
Alt- und Neubau verknüpft
Knifflig war die Aufgabe des Architekten: Die historischen Fassaden und Treppenhäuser sowie der alte Hörsaal der Klinik aus den 1920er-Jahren waren zu erhalten. Gleichzeitig galt es, hochmoderne Bereiche für die Forschung zu schaffen. Das Dortmunder Büro Gerber gewann den Wettbewerb: Es trennte den Altbau klar vom Neubau und verknüpfte beide mit einem Foyer sowie mit verglasten Stegen und Treppen.
Forschungszentren intensivieren Kooperation
Die neuen Hausherren rücken mit dem Umzug näher aneinander und an ihre Kooperationspartner im Universitätsklinikum heran. Bislang waren die Infektionsforscher am Röntgenring zu Hause, die Wissenschaftler des Rudolf-Virchow-Zentrums an der Versbacher Straße. Um einen optimalen Austausch zu ermöglichen, gibt es in der neuen Unterkunft keine klare räumliche Trennung zwischen den beiden Zentren. Insgesamt werden dort rund 300 Beschäftigte arbeiten.
Rudolf-Virchow-Zentrum
Im Neubau bekommt das Rudolf-Virchow-Zentrum erstmals eine eigene Heimat. Seine Forschungsgruppen beschäftigen sich mit so genannten Schlüsselproteinen. Das sind Proteine, die für die Funktion von Zellen und damit für Gesundheit und Krankheit besonders wichtig sind. Im Mittelpunkt der Arbeiten stehen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Krankheiten des Immunsystems.
Gegründet wurde das Rudolf-Virchow-Zentrum im Jahr 2001. Es war damals eines der bundesweit ersten drei Exzellenzzentren, die nach einem harten Wettbewerb finanziell von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurden. Zwei Begutachtungen hat das Zentrum unter der Leitung von Professor Martin Lohse seitdem erfolgreich bestanden. Derzeit befindet es sich in der dritten Förderperiode, für welche die DFG bis 2013 insgesamt 27,5 Millionen Euro bereitstellt. Dann ist die maximale Förderdauer von zwölf Jahren erreicht; Universität und Freistaat wollen das Zentrum im Anschluss weiterfinanzieren.
Zentrum für Infektionsforschung
Der Erreger der Malaria und der krank machende Pilz Aspergillus – das sind zwei Beispiele für Arbeitsgebiete des Zentrums für Infektionsforschung. Gegründet wurde es 1993 von den Professoren Volker ter Meulen, Werner Goebel, Jörg Hacker und ihren Kollegen aus Medizin und Biologie, finanziert wurde es zunächst fünf Jahre lang vom damaligen Bundesministerium für Forschung und Technologie. Seitdem wurden insgesamt 13 Nachwuchsgruppen im Zentrum etabliert.
Seit dem Wechsel von Jörg Hacker an die Spitze des Robert-Koch-Instituts in Berlin Anfang 2008 ist Professor Matthias Frosch Sprecher des Zentrums. Das Institut für Molekulare Infektionsbiologie, das ebenfalls im Neubau arbeitet, ist eine Einrichtung des Zentrums für Infektionsforschung. Es wurde 1993 als interdisziplinäres Institut an der Medizinischen Fakultät gegründet.
Einweihungsfeier im Neubau
Großen Anklang fanden das Gebäude und seine Ausstattung bei der Einweihungsfeier am 8. Oktober im nagelneuen Hörsaal. Die gelungene Verbindung zwischen alt und neu lobte auch Ministerialdirektor Friedrich Wilhelm Rothenpieler, der in Vertretung von Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch ein Grußwort sprach. Und zu den Würzburger Wissenschaftlern sagte er: „Sie sind Pioniere, die zeigen, wie die exzellente Forschung von morgen aussieht.“
Starkes Engagement für den wissenschaftlichen Nachwuchs und die Ausbildung der Studierenden – unter anderem dadurch zeichne sich das Zentrum für Infektionsforschung aus. Diese Nachricht kam von Andreas Storm, Staatssekretär im Bundesforschungsministerium. Das Ministerium hatte das Zentrum in dessen Anfangsjahren finanziell gefördert. Storm selbst konnte nicht zur Feier kommen, darum las Martin Lohse sein Grußwort vor.
Die beachtlichen wissenschaftlichen Leistungen des Rudolf-Virchow-Zentrums zählte Professor Jörg Hacker auf, der in Vertretung von DFG-Präsident Matthias Kleiner sprach. Hacker, ehemaliger Vizepräsident der DFG, war im Verein mit Martin Lohse und Matthias Frosch die treibende Kraft für den Neubau – das betonte Dieter Maußner vom Staatlichen Bauamt in seiner Ansprache: „Mit Ihrer Zugkraft konnte das Projekt vorangehen.“
Nachfolger von Jörg Hacker vorgestellt
Reichlich beschenkt worden sei die Medizinische Fakultät mit dem Neubau, so Dekan Matthias Frosch in seiner Rede. Er stellte der Festgesellschaft außerdem den Mann vor, der Jörg Hacker als Leiter des Instituts für Molekulare Infektionsbiologie nachfolgt: Es ist Jörg Vogel (42) vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin.
Vogel leitet dort eine Forschungsgruppe, die sich schwerpunktmäßig mit Salmonellen und dem Magenbakterium Helicobacter befasst. Wie funktionieren RNA-Moleküle bei diesen Krankheitserregern als Genregulatoren, wie kann man sie nutzen, um Infektionen zu verhindern? Das sind die Fragen, an denen Vogel arbeitet.
Festrede über Gentherapie mit Stammzellen
Viel Applaus bekam Professor Fritz Melchers für seine Festrede – denn er präsentierte sie locker, amüsant und für Laien verständlich. Melchers sitzt dem wissenschaftlichen Beirat des Rudolf-Virchow-Zentrums vor. Er sprach über die Gewinnung von Stammzellen aus normalen Körperzellen und über die Perspektiven der Gentherapie von Blutstammzellen, zum Beispiel bei erbliche Immunschwäche.
Schlusswort von Axel Haase
Axel Haase, von 2003 bis Ende September 2009 Präsident der Universität Würzburg, beglückwünschte in seinem Schlusswort alle Forscher, die in dem neuen Gebäude arbeiten. „Sie haben hier eine so tolle Ausstattung, wie Sie sie in Ihrem Fachgebiet national und vielleicht sogar international an keiner anderen Universität finden werden.“
Medizin-Campus in Grombühl als Ziel
Mit dem Umbau der früheren Chirurgischen Klinik für die zwei biomedizinischen Forschungszentren hat die Universität Würzburg einen weiteren Schritt getan, um im Stadtteil Grombühl rund um das Universitätsklinikum einen Medizin-Campus zu verwirklichen. Mittelfristig sollen dort auch die vorklinischen Institute angesiedelt werden, die sich derzeit noch in der Innenstadt befinden.
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