Mathematiker holten Wanderpokal
08.05.2007Die Entscheidung fiel ziemlich knapp aus. „Wenn der langsamste Läufer der Wirtschaftswissenschaftler nicht mit dabei gewesen wäre, hätten sie gewonnen“, bilanziert Statistik-Professor Michael Falk. So aber war die Truppe vom Institut für Mathematik das schnellste Uni-Team beim Würzburger Residenzlauf.

Schon 2006 hatten drei Mannschaften aus der Universität beim Rennen um die Residenz mitgemacht. Die Mathematiker ermittelten damals, dass sie von der ganzen Hochschule die Flinksten waren, und forderten darum in diesem Jahr den Rest der Universität heraus.
Als erneut konkurrenzfreudig zeigten sich die Wirtschaftswissenschaftler – kein Wunder, schließlich waren sie im vergangenen Jahr die ersten, die für den Laufwettbewerb ein Uni-Team auf die Beine gebracht hatten. Die Idee dazu kam von Professor Klaus Wälde; der Slogan der Wirtschaftsexperten lautete „Flinke Beine – flinke Köpfe“. Erstmals am Start waren in diesem Jahr die Informatiker, die den Fehdehandschuh der Mathematiker nur allzu gern aufgenommen hatten. Dagegen hielten sich die Läufer vom Institut für Virologie und Immunbiologie, die 2006 noch mit dabei waren, diesmal zurück.
Als Universitätspräsident Axel Haase vom ungewöhnlichen Wettbewerb der Wissenschaftler hörte, stiftete er spontan einen Wanderpokal für das „schnellste Uni-Team“. Schließlich schweißt ein solches Rennen nicht nur Institute und Fakultäten zusammen, sondern stärkt auch den gesamtuniversitären Teamgeist – denn um echte Konkurrenz geht es ja nur vordergründig.
Am Samstag nun überreichte der Präsident den Siegern ihren Pokal, und zwar bei der Absolventenfeier der Fakultät für Mathematik und Informatik in der Neubaukirche. Diana Stöhr nahm das prächtige Stück stellvertretend für die 21 flinken Mathematiker entgegen. „Wer den Pokal drei Mal holt, darf ihn behalten“, legte Haase die Regeln fest. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Siegertrophäe drei Mal in Folge oder mit Unterbrechungen gewonnen wird.
Die Wirtschaftswissenschaftler landeten bei der uni-internen Auswertung auf Platz zwei, die Informatiker auf Rang drei. Laut Falk sind es allerdings nur Sekunden, die die drei Mannschaften voneinander trennten. Der Professor erläutert, wie das Residenzlauf-Ranking, erstellt vom Lehrstuhl für mathematische Statistik, zu Stande kam:
Vor dem Mainfranken-Theater gruppierten sich die flinken Mathematiker zum Siegerfoto. Bild: Institut für Mathematik
Eine erste Wahl wäre selbstverständlich das arithmetische Mittel. Dabei werden alle Laufzeiten zusammengezählt und durch die Anzahl der Läufer geteilt. Das führt im Prinzip zu einem sozialistischen Ansatz: Alle Läufer sind gleich. Dass der Sozialismus in der Realität nicht funktioniert hat, sollte uns bei der Wahl dieses Kriteriums allerdings nachdenklich stimmen. Und tatsächlich: Es würde ein einziger äußerst langsamer Läufer genügen, um diesen Durchschnittswert ins Unendliche zu treiben und die Leistung des gesamten Teams zu ruinieren. Eine Gefahr ist dabei offensichtlich: Die Möglichkeit der Unterwanderung des eigenen Teams von außen … Mit dem arithmetischen Mittel ist übrigens früher die mittlere Studiendauer an deutschen Universitäten amtlicherseits ermittelt worden.
Ein anderer, robuster Mittelwert ist der Median. Das bedeutet: 50 Prozent der Teammitglieder müssen langsamer und 50 Prozent schneller als diese Zeit gelaufen sein. Bei den 21 Mathematikern bedeutete dies also die elftschnellste Zeit, bei den 25 Wirtschaftlern die dreizehntschnellste. Etwas problematischer waren die zehn Läufer aus der Informatik, da es bei einer geraden Anzahl keine Mitte gibt. Aber in diesem Fall nimmt man üblicherweise die Mitte der beiden mittleren Werte, hier also die Mitte zwischen dem fünft- und dem sechstschnellsten Läufer – auch wenn Kollege Jürgen Wolff von Gudenberg vom Informatik-Team vorschlug, in diesem Fall die fünftschnellste Zeit zu nehmen. Interessanterweise wären damit die Informatiker Sieger geworden.
Der Median wird inzwischen übrigens auch für die Berechnung der mittleren Studienzeiten verwendet, ist also ein amtlich anerkannter Mittelwert. Er ist robust gegenüber Ausreißern nach oben und unten. Ein raketengleicher schnellster Läufer verändert den Median nicht, genau so wenig wie ein Läufer, der auf allen Vieren ins Ziel geschlichen kommt. Dennoch trägt jedes Team-Mitglied zum Erfolg oder Misserfolg bei. Wäre etwa Professor Martin Kukuk im Team der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät nicht mitgelaufen, hätte sich der Median leicht verschoben und es hätte zum Sieg dieser Fakultät gereicht. Wie überhaupt in diesem Jahr die Ergebnisse nah beieinander lagen (im Sekundenbereich), wie es im Spitzensport eben üblich ist ...
Kurzum: Es ist der Beweis erbracht, dass es sich bei der Auseinandersetzung der Fakultäten und Institute der Universität Würzburg im Rahmen des Residenzlaufes im besten Sinn um eine akademische Veranstaltung handelt, die gleichzeitig Geist, Teamgeist und Körper fordert. Also „Mens sana in corpore sano“ beziehungsweise in der Übersetzung aus der Läuferperspektive: ‚Flinke Beine – flinke Köpfe’.“
Diesen Ausführungen von Professor Falk bleibt nur noch eines hinzuzufügen: Wer den Mathematikern im Jahr 2008 den Wanderpokal streitig machen will, sollte alsbald mit den Trainingseinheiten beginnen.
| Zeiten | ||||
Team | Teilnehmer | Schnellster | Mittel | Median | Langsamster |
Informatik | 10 | 0:44:03 | 0:52:09 | 0:50:47 | 1:02:04 |
Mathematik | 21 | 0:37:32 | 0:49:47 | 0:50:10 | 1:04:37 |
WiWi | 25 | 0:37:21 | 0:50:54 | 0:50:28 | 1:06:33 |