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    Günther Beckstein: Kasernengelände als Riesen-Chance für die Universität

    11.05.2007

    Herausforderungen für die Universität einerseits; globale Probleme und die Verantwortung der Wissenschaft für die Gesellschaft andererseits: Der Bogen der Themen war weit gespannt beim Stiftungsfest der Uni in der Neubaukirche. Angesichts des 425-jährigen Jubiläums der Julius-Maximilians-Universität stellten alle Redner die Zukunft von Wissenschaft, Hochschule und Gesellschaft in den Mittelpunkt ihrer Reden.

    Nach dem Festakt trugen sich Innenminister Günther Beckstein (sitzend) und DFG-Präsident Matthias Kleiner (Mitte) ins Gästebuch der Universität ein. Links Universitätspräsident Axel Haase. Foto: Robert Emmerich
    Nach dem Festakt trugen sich Innenminister Günther Beckstein (sitzend) und DFG-Präsident Matthias Kleiner (Mitte) ins Gästebuch der Universität ein. Links Universitätspräsident Axel Haase. Foto: Robert Emmerich

    Vor 425 Jahren, anno 1582, gründete Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn die Universität Würzburg zum zweiten Mal, nachdem die Erstgründung durch Fürstbischof Johann von Egloffstein im Jahr 1402 nur von kurzer Dauer gewesen war. An dieses Jubiläum erinnert die Universität alljährlich an ihrem Stiftungsfest am 11. Mai, zu dem sich in diesem Jahr mit Matthias Kleiner, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), sowie Bayerns Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident Günther Beckstein hochkarätige Gastredner angemeldet hatten.

    Die Weitsicht Julius Echters lobte Unipräsident Axel Haase in seinem Grußwort. Dieser habe bei der Gründung so großzügig geplant, dass über 300 Jahre hinweg keine Erweiterungsbauten nötig gewesen seien. Ganz anders die Herausforderung für die Julius-Maximilians-Universität heute: „Im letzten Jahr hatten wir 20.000 Studenten, und sorgfältig berechnete Prognosen zeigen, dass wir im Jahre 2015 bis auf 30.000 Studierende anwachsen werden“, so Haase. Diese Herausforderung verlange ähnlichen Weitblick und Mut, wie ihn Julius Echter zu seiner Zeit bewiesen habe.

    Als „große Chance für unsere Universität und für die Stadt und ihr Umland“ bezeichnete Haase den immensen Zuwachs an Studierenden in den kommenden Jahren. Sollte die Universität tatsächlich die frei werdenden US-Kasernen am Hubland nutzen können, werde nicht nur die Universität einen Schub nach vorne erhalten, sondern auch die Stadt Würzburg werde „neue Mitbürger, mehr Steuereinnahmen, mehr Arbeitsplätze und mehr Unternehmen“ gewinnen.

    Probleme, die sich mit der möglichen Erweiterung stellen, will Haase nicht als Probleme betrachtet wissen, sondern als „Gelegenheit zu zeigen, was man kann“, und zitierte damit den Jazzmusiker Duke Ellington. Jetzt gehe es darum, so gut zu sein wie Julius Echter, „der innerhalb weniger Jahre eine ganze Universität inklusive dieser schönen Neubaukirche errichtet hat“, sagte Haase. In den kommenden Monaten hätten der Freistaat Bayern, die Stadt Würzburg und die Universität „die einzigartige Gelegenheit zu zeigen, was wir können“, appellierte der Unipräsident auch in Richtung von Günther Beckstein. Haases Fazit: „Diese Art von Problembewältigung wäre mein Geburtstagsgeschenk an die Universität zu ihrem 425. Geburtstag.“

    Minister Günther Beckstein ging in seiner Festansprache auf die angestrebte Erweiterung der Universität am Hubland ein. Auf der Fahrt nach Würzburg habe ihn sein Kollege Walter Eykmann gefragt, was er dazu denn sagen werde. „Thema meiden!“, habe in seinen Notizen hierzu gestanden, aber das wolle er nicht. Schließlich müsse diese Ausdehnungsmöglichkeit für die Universität als „Riesen-Chance“ begriffen werden. Der stellvertretende Ministerpräsident ermunterte Universität, Stadt und Region zu intensiver Vorarbeit, um bald über ein attraktives Konzept zur Nutzung des Kasernenareals zu verfügen. „Ungeheure Herausforderungen stehen da vor uns, und wir müssen uns beeilen“, so Beckstein. Starke Hochschulen seien bedeutend für die Zukunft, zudem müsse sich das Land zu den Werten Leistung und Elite neu bekennen, denn: „Neid spielt in unserer Gesellschaft eine größere Rolle als Leistung.“

    An die Verantwortung der Wissenschaft für die Gesellschaft erinnerte Matthias Kleiner, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), in seiner Festrede. „Wissenschaft trägt die Gesellschaft“, so Kleiner, „und deshalb tragen wir, die wir in die Zukunft blicken, eine große Verantwortung für spätere Generationen.“ Wissenschaft sei in der Geschichte immer die Mutter revolutionärer Umbrüche in der Gesellschaft gewesen. Als Beispiele führte er die kopernikanische Wende, den Buchdruck und die digitale Revolution an.

    All diese Erkenntnisse und Techniken beruhten auf Entdeckungen aus der Grundlagenforschung. „Auf freier Forschung bei guter Bezahlung“, sagte Kleiner und kritisierte, dass es solche Bedingungen heute vielfach nicht mehr gebe. Gerade was die Bezahlung der Wissenschaftler betreffe, sei Deutschland international mittlerweile nicht mehr konkurrenzfähig. „Wir hoffen auf den Nachwuchs und bezahlen ihn gleichzeitig schlecht. Das ist absurd und eine Schande für ein so leistungsstarkes Land“, klagte Kleiner und erhielt dafür lang anhaltenden Applaus.

    Weil Wissenschaft für rund die Hälfte des ökonomischen Wachstums in Europa verantwortlich sei, müssten angesichts eines akuten Mangels an Wissenschaftlern und Ingenieuren dringend attraktive Bedingungen für den Nachwuchs geschaffen werden. „Deutschland muss sich für Ausländer öffnen und beim Nachwuchs Lust auf Wissenschaft wecken“, forderte der DFG-Präsident.

    Angesichts solcher Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Globalisierung oder alternder Gesellschaften sei Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg notwendig – schließlich finde „Wissenschaft auf einem globalen Markt statt“ und Probleme „machen nicht vor Ländergrenzen Halt“. Deshalb setzt Kleiner seine Hoffnung auf den neu geschaffenen Europäischen Forschungsrat ERC, der sich als treibende Kraft für innovative Forschung in Europa und damit für eine europäische Identität erweisen könne.

    IHK-Firmenspende aufgestockt

    Im Rahmen des Stiftungsfests überreichte Otto Kirchner, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt, einen Scheck. Grund: Die IHK-Firmenspende im Universitätsbund Würzburg feiert ihr 25jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass hat die mainfränkische Unternehmenswirtschaft die Spende um 111.111 Euro auf ein Fördervolumen von nun insgesamt 967.575 Euro aufgestockt. Die IHK-Firmenspende schüttet jährlich rund 30.000 Euro Fördermittel aus und hilft damit Forschern beim Aufbau eines neuen Arbeitsgebietes, einer Arbeitsgruppe oder bei der Anlauffinanzierung für Forschungsvorhaben. Seit dem Bestehen der Spende wurden daraus 82 Universitätsprojekte mit rund 635.000 Euro gefördert.

    Anschließend wurden 25 junge Forscher aus allen zwölf Fakultäten der Uni für ihre Doktorarbeiten ausgezeichnet: Unterfrankens Regierungspräsident Paul Beinhofer überreichte ihnen gemeinsam mit dem Universitätspräsidenten die mit jeweils 500 Euro dotierten Preise der Unterfränkischen Gedenkjahrstiftung für Wissenschaft.

    Die Preisträger und Geehrten (von links): Bruno Forster, Roland Deutsch, Stanislava Grigorova, Dieter Salch und Hilde Merkert. Fotos: Gunnar Bartsch/Robert Emmerich

    Die Preisträger und Geehrten (von links): Bruno Forster, Roland Deutsch, Stanislava Grigorova, Dieter Salch und Hilde Merkert. Fotos: Gunnar Bartsch/Robert Emmerich

    Es wurden dann weitere Preise vergeben und Ehrungen ausgesprochen. Uni-Vizepräsident Wolfgang Schneider überreichte den mit 5.000 Euro dotierten Röntgenpreis der Universität an den Nachwuchswissenschaftler Roland Deutsch vom Institut für Psychologie. Der mit 1.000 Euro dotierte Preis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) ist für besonders gute und engagierte ausländische Studierende bestimmt. Uni-Vizepräsident Ulrich Sinn verlieh ihn an die Germanistik-Studentin Stanislava Grigorova aus Bulgarien.

    Ihre Verdienstmedaille „Bene Merenti“ vergab die Universität in diesem Jahr zwei Mal: Hilde Merkert vom Institut für Molekulare Infektionsbiologie erhielt die Medaille in Silber, der frühere Universitätskanzler Bruno Forster bekam das goldene Exemplar. Schließlich wurde Professor Dieter Salch die Würde eines Ehrensenators verliehen. Das ist die höchste Auszeichnung, die die Universität zu vergeben hat. Für Musik sorgte Beate Rux-Voss an der Schuke-Orgel. Das Stiftungsfest endete mit einem Empfang.

    Von Robert Emmerich/Gunnar Bartsch

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