Eine vielfältige Win-Win-Situation
17.12.201392 Studierende der Universität Würzburg erhalten im kommenden Jahr ein Deutschlandstipendium. Mit hervorragenden Noten und ihrem ehrenamtlichen Engagement haben sie sich dafür qualifiziert. Bei der Vergabefeier im Toscanasaal kamen jetzt Förderer und Geförderte zusammen.
Zum Beispiel Simone Ebner: Die 22-Jährige studiert im siebten Semester Lehramt Sonderpädagogik an der Universität Würzburg. In ihrer Freizeit engagiert sie sich ehrenamtlich in der Jugendarbeit einer Schweinfurter Kirchengemeinde; regelmäßig hält sie Gruppenstunden für Kinder im Alter von neun bis 15 Jahren, in den Ferien fährt sie mit ihnen auf Freizeiten. Das Studium leidet unter diesem Engagement nicht, Simone Ebners Noten jedenfalls sind sehr gut.
Aus diesem Grund erhält die Studentin jetzt ein Deutschlandstipendium – und somit für ein Jahr lang monatlich 300 Euro, über die sie frei verfügen kann. Was sie mit dem Geld anfangen wird: „Literatur beschaffen und meinen Lebensunterhalt bestreiten“, sagt sie. Und ist froh, dass sie in den kommenden Monaten nicht mehr jobben muss. Das hat sie nämlich bisher auch noch getan, als Bedienung in einem Hotel.
Und noch ein Aspekt ihres Stipendiums freut die Studentin: „Professor Möckel ist mein Förderer. Und der war ja quasi der Begründer meines Studiengangs“, sagt sie. Andreas Möckel hatte von 1976 bis 1992 den Lehrstuhl für Sonderpädagogik mit Schwerpunkt Lernbehinderten-Pädagogik an der Würzburger Uni inne. Als dessen Erstinhaber erbrachte er Pionierleistungen: Er etablierte und profilierte das Fach, für das es damals in Deutschland noch keine universitäre Tradition gab, im Lehr- und Ausbildungskanon der Universität. Jetzt finanziert er ein Deutschlandstipendium und unterstützt damit engagierte und leistungsbereite Studierende auf ihrem Weg ins Berufsleben – nicht nur finanziell, sondern auch durch einen regelmäßigen Kontakt und Austausch.
Andere Förderer sind Firmen wie beispielsweise Aldi. Das Unternehmen unterstützt das Deutschlandstipendium bereits im zweiten Jahr großzügig und finanziert inzwischen acht Stipendien. Das Unternehmen nutzt das Stipendium, um junge Leute als gute Nachwuchskräfte für sich zu begeistern.
Alfred Forchels Begrüßung
92 Studierende der Universität Würzburg erhalten im kommenden Jahr ein Deutschlandstipendium. Im Rahmen eines Festakts im Toscanasaal in der Residenz erhielten sie jetzt ihre Urkunden überreicht – und das vielleicht zum letzten Mal. „Im nächsten Jahr wird dieser Raum eventuell nicht mehr ausreichen“, sagte Unipräsident Alfred Forchel in seiner Begrüßung. Mit 21 Studierenden war das Deutschlandstipendium an der Würzburger Uni im Sommersemester 2011 gestartet; seitdem konnten die Verantwortlichen Jahr für Jahr mehr Spenden einsammeln, bei Privatpersonen, Ehemaligen, Freunden der Uni und bei Unternehmen. Sollten die Zahlen tatsächlich weiterhin so steigen wie in der Vergangenheit, könnte es bei der nächsten Vergabefeier im Dezember 2014 im Toscanasaal tatsächlich eng werden.
Das Deutschlandstipendium
Das Prinzip des Deutschlandstipendiums ist einfach: Für jeden Euro, den die Universität einwirbt, gibt der Bund einen Euro dazu. „Für 92 Stipendien haben uns Förderer also mehr als 165.000 Euro zur Verfügung gestellt“, rechnete Forchel vor und dankte allen Unterstützern nachdrücklich. Die Stipendiaten wurden ausgewählt, weil sie neben herausragenden schulischen und universitären Leistungen ein besonderes soziales, gesellschaftliches oder auch politisches Engagement erbringen. Ebenso gewürdigt wurden besondere familiäre beziehungsweise soziale Umstände.
Verteilung auf alle zehn Fakultäten
Natürlich sind alle zehn Fakultäten der Universität unter den Stipendiaten vertreten. Die Verteilung erfolgt nach einem komplizierten Schlüssel, der sowohl die Studienfachwünsche der Förderer berücksichtigt wie auch die jeweilige Anzahl der Studierenden in den Fakultäten. Daraus ergibt sich diesmal eine Rangfolge, bei der die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät ganz oben steht mit insgesamt 24 Stipendien. Auf Platz 2 folgt die Medizinische Fakultät mit 15 Stipendien, dicht gefolgt von der Philosophische Fakultät II, unter deren Dach Philosophie, Psychologie, Erziehungs- und Gesellschaftswissenschaften versammelt sind, mit zwölf Stipendien.
Das Grußwort von Rainer Krahn
Ein gelungenes Beispiel einer Zusammenarbeit von Studierenden, die besondere Leistungen bringen, Förderern, die Stipendien bereitstellen, und dem Bund als Vertreter aller Bürger, die über ihre Steuern die Hälfte der Summe tragen: So sieht Rainer Krahn das Deutschlandstipendium. Krahn ist Talent Manager bei UPS und sprach in diesem Jahr das Grußwort bei der Vergabefeier. UPS finanziert selbst zwei Stipendien – keine Selbstverständlichkeit in Zeiten, in denen das Management an allen Ecken und Enden auf Kosteneffizienz achtet, wie Krahn berichtete.
Idealismus spiele dabei natürlich eine Rolle, aber auch die Einsicht in die wirtschaftliche Notwendigkeit. „Der demographische Wandel sorgt dafür, dass in den kommenden Jahren im Bereich des Managements viele Stellen frei werden“, sagte Krahn. Da sei das Deutschlandstipendium eine gute Möglichkeit, den Kontakt zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu fördern und die Wirtschaftskraft der Region zu stärken – eine „vielfältige Win-Win-Situation“. Die Vergabefeier sei darüber hinaus eine gute Möglichkeit der Begegnung und des Austauschs. „Das ist vielleicht der eigentliche Grund, weshalb ich diesen Termin so sehr schätze“, so Krahn.
Baldwin Knaufs Festrede
Die Festrede hielt in diesem Jahr Baldwin Knauf, Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Knauf Gips KG und Mitglied im Universitätsrat der Universität Würzburg. Auch Knauf führte wirtschaftliche Gründe dafür an, dass das Unternehmen diesmal fünf Stipendien finanziert. „Wenn junge Menschen aus finanziellen Gründen auf ein Studium verzichten, bedeutet das einen Verlust von Wettbewerbsfähigkeit für unser Land“, sagte Knauf. Diesem Trend wolle er entgegenwirken. Darüber hinaus nannte er „Caritas“ als Begründung für das Engagement. „Wer es sich leisten kann, soll an diejenigen denken, denen es mangelt“, sagte er – getreu dem Motto: „Tue Gutes und rede darüber.“
Anschließend gab Knauf einen kurzen Überblick über die mehr als 80-jährige Geschichte des Unternehmens, an dessen Spitze er viele Jahrzehnte stand. An dessen Beginn stand ein Gipswerk in Perl an der Mosel, gegründet 1932 von seinem Vater und dessen Bruder. Mit der Suche nach neuen Standorten, dem Zukauf kleinerer Konkurrenten, der Entwicklung neuer Produktfamilien und der Expansion ins Ausland wurde daraus im Laufe der Jahre ein wahrer „Global Player“ mit Standorten auf beinahe allen Kontinenten dieser Erde und einem Umsatz von sechs Milliarden Euro.
„Das Auge des Herrn macht das Vieh fett“: So lautet Baldwin Knaufs Motto im Geschäftsleben. Soll heißen: „Ein Unternehmer muss omnipräsent sein. Der Erfolg wird nicht am Schreibtisch erarbeitet, sondern in der Fabrik und beim Kunden.“
Der Dank der Stipendiaten
Den Dank aller Stipendiaten an ihre Förderer formulierte zum Schluss stellvertretend Milena Stubenhofer. Das Deutschlandstipendium bedeute für sie Freiheit und finanzielle Unabhängigkeit; es biete die Chance, potenzielle Arbeitgeber kennenzulernen und liefere den Ansporn, auch weiterhin das Beste zu geben. Deshalb hoffe sie, dass in Zukunft noch viele Studierende in den Genuss eines Stipendiums kommen werden.
Musikalisch umrahmt wurde die Vergabefeier vom Duo Klack.
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