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Prof. Dr. Daniel Schwemer begeistert für das Fach Altorientalistik

29.04.2024

Prof. Dr. Daniel Schwemer erzählt die Geheimnisse der alten Kulturen.

Prof. Dr. Daniel Schwemer und Alumna Prof. Dr. Rocío Da Riva (Bild: Privat)

Prof. Dr. Daniel Schwemer ist Professor für Altorientalistik an der Universität Würzburg und seit dem Jahr 2021 Vorsitzender der Deutschen Orient-Gesellschaft. Hier im Bild mit Alumna Prof. Dr. Rocío Da Riva, die derzeit am Institut für Geschichte und Archäologie der Universität Barcelona tätig ist.

Prof. Schwemer, warum haben Sie sich für das Fach Altorientalistik entschieden?

Da die alten Kulturen Vorderasiens im Schulstoff kaum vorkommen und viele der Länder des Nahen Ostens auch nicht auf der Liste der typischen Reiseländer für Familien stehen, kommen viele nicht direkt zu diesem Fach, und so war es auch bei mir. Ich begann mein Studium in der Theologie und interessierte mich dort vor allem für das Alte Testament und die hebräische Sprache, und damit ist man eigentlich schon mitten drin in den altorientalischen Kulturen. Dort gibt es dann aber in der Welt der nicht zuletzt durch in auf Keilschrifttafeln geschriebenen Texten bezeugten Kulturen vor allem auf den Gebieten des heutigen Iraks, der Türkei und Syriens viel mehr zu entdecken.

 

 

Was gefällt Ihnen besonders gut an Ihrem Beruf?

Die Erforschung der alten Kulturen Vorderasiens ist eine junge Wissenschaft. Erst in der Mitte des 19. Jh. begann man langsam die Geschichte Babyloniens und Assyriens, später auch der Hethiter und anderer Kulturen langsam wiederzuentdecken. Und bis heute ist ein Teil der Faszination des Fachs, dass bei Ausgrabungen oder in Museumssammlungen neu entdeckte Keilschrifttexte uns noch ganz unbekannte Aspekte der altorientalischen Kulturgeschichte erschließen. So lief mir etwa vor wenigen Jahren bei Arbeiten an unpublizierten Texten in den Archäologischen Museen von Istanbul ein bisher unbekanntes Fragment des Gilgamesch-Epos über den Weg. Oder im letzten Sommer konnte ich auf einer frisch ausgegrabenen Keilschrifttafel aus der Hethiterhauptstadt Boğazköy-Hattuscha einen Text in einer bislang unbekannten indogermanisch-anatolischen Sprache entziffern. Das sind Entdeckungsmomente, die man nicht vergisst.

 

 

Sie haben die Forschungsschwerpunkte Akkadistik (Sprache der Babylonier und Assyrer); Hethitologie; altorientalische Religionsgeschichte; altorientalische Magie und Medizin; Rituale – haben Sie zur Zeit einen ‚Lieblingsbereich‘ und falls ja, warum?

Es sind vor allem zwei Gebiete:

Zum einen die hethitische Kultur des spätbronzezeitlichen Anatoliens in der heutigen Zentraltürkei (2. Hälfte des 2. Jt. v. Chr.). Hier bin ich als Philologe der Ausgrabungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Istanbul, in der hethitischen Hauptstadt Boğazköy-Hattuscha unmittelbar an der weiteren Erforschung dieser Weltkulturerbestätte befasst. Außerdem leite ich gemeinsam mit Elisabeth Rieken (Marburg) ein Langfristprojekt des Akademienprogramms, das sich mit der Religionsgeschichte der Hethiter beschäftigt und gleichzeitig die wichtigste digitale Infrastruktur des Fachs weiterentwickelt (https://www.hethport.uni-wuerzburg.de/HPM/).

Zum anderen habe ich einen Forschungsschwerpunkt im Bereich der sumerischen und akkadischen sogenannten magischen Texte, einer sehr umfangreichen Überlieferung aus dem Mesopotamien des 2. und 1. Jt. v. Chr., die Aufschluss gibt über religiöse Anschauungen, frühes Weltverständnis, gelehrte Traditionen und Vorformen von Wissenschaft, zugleich aber auch Licht auf soziale und kulturelle Normen wirft, auf gesellschaftliche Konflikte und die prekäre Existenz des Individuums in vormodernen Gesellschaften. Die DFG fördert in Würzburg eine Kolleg-Forschungsgruppe zu diesem Thema, die ich gemeinsam mit Kollegen aus der Ägyptologie und Indogermanistik leite. Das ist ein aufregendes Unternehmen, von dem ich mir in den kommenden Jahren großen Erkenntnisgewinn verspreche (https://www.phil.uni-wuerzburg.de/mageia/).[[Hinweis auf Eröffnungsveranstaltung am 29.4.??]]

 

 

Wie würden Sie die Aktivitäten der Deutschen Orient-Gesellschaft (DOG) in kurzen Worten beschreiben?

Die DOG ist ein 1898 gegründeter Verein, dessen Auftrag sowohl die Erforschung altorientalischer Kulturen als auch die Vermittlung des Wissens über altorientalische Kulturen ist. Die DOG ist berphmt für die großen Ausgrabungen in Babylon und Assur in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, deren Funde bis heute etwa die Museumsinsel in Berlin prägen. Die Katastrophen der deutschen Geschichte des 20. Jh. haben auch die Geschichte der DOG geprägt, ein wichtiges fachgeschichtliches Forschungsgebiet, das wir im vergangenen Jahr auch im Jubiläumsband zum 125-jährigen Gründungsjubiläum angegangen sind. Heute ist die DOG Fachgesellschaft der Vorderasiatischen Archäologie und Altorientalistik, aber auch, wie von Anfang an, ein Ort, an dem sich alle an dem Thema Interessierten zu Vorträgen und anderen Aktivitäten zusammenfinden.

 

 

Die DOG fördert laut Webseite aktuell im Libanon und Irak, in Armenien und Georgien – wie und warum werden die jeweiligen Länder ausgewählt?

Die DOG fördert jedes Jahr mehrere vor allem archäologische Forschungsprojekt in Vorderasien. Die Finanzkraft der DOG ist heute nicht vergleichbar mit den großen Stiftungen oder der DFG. Daher konzentrieren wir uns auf Anschubfinanzierungen, durch die nicht zuletzt jüngere Kolleginnen und Kollegen Vorhaben auf den Weg bringen können, die in einem späteren Studium dann umfangreichere Fördermittel anderer Institutionen anziehen. Die Auswahl der Projektanträge zur Förderung folgt dem Prinzip der Bestenauswahl. Die Wahl der Länder folgt also den Aktivitäten des Fachs, die sich in der Antragslage spiegelt.

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